Die vorbeugende Impfung von Nutztieren wird in der EU weiterhin bisher nur zögerlich eingesetzt, obwohl zahlreiche Krankheiten wie Afrikanische Schweinepest, Maul- und Klauenseuche (MKS), Vogelgrippe sowie das Blauzungenvirus regelmäßig zu Ausbrüchen führen. Laut Emmanuelle Soubeyran, Generaldirektorin der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH), sind wirtschaftliche und politische Hemmnisse die Hauptursachen für die mangelnde Nutzung verfügbarer Impfstoffe.
Handelshemmnisse und gesellschaftliche Akzeptanz
Eine wesentliche Herausforderung ist die Ablehnung von geimpften Tieren und deren Produkten durch internationale Handelspartner. Viele Länder befürchten negative wirtschaftliche Folgen, wenn sie geimpfte Tiere exportieren, da bestimmte Märkte solche Produkte ausschließen. Zudem bestehen in einigen Gesellschaften Vorbehalte gegenüber Lebensmitteln von geimpften Tieren.
Fallbeispiele und politische Reaktionen
Jüngste MKS-Fälle in Deutschland, Österreich, Ungarn und der Slowakei zeigen die unterschiedlichen nationalen Strategien im Umgang mit Tierseuchen. Während die Slowakei die von der EU bereitgestellten Notfallimpfstoffe nutzte, entschieden sich Deutschland und Ungarn für Alternativmaßnahmen wie Quarantäne und Rückverfolgung. Der Widerstand gegen Impfungen beruht oft weniger auf wissenschaftlichen Erkenntnissen als auf wirtschaftlichen und politischen Überlegungen.
Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit
Die WOAH plant, die bestehenden Hemmnisse für Impfprogramme auf ihrer Generalversammlung im Mai diesen Jahres zu diskutieren. Ziel ist es, sowohl technische als auch politische Hindernisse abzubauen und den internationalen Handel für Produkte von geimpften Tieren zu erleichtern. Erste Fortschritte sind erkennbar: Die USA und Kanada haben kürzlich Importbeschränkungen für EU-Geflügel gelockert, nachdem Frankreich erfolgreich eine großflächige Impfkampagne gegen die Vogelgrippe durchgeführt hatte.
Herausforderungen bei der Finanzierung
Ein weiteres Hindernis bleibt die unzureichende finanzielle Unterstützung für Impfstrategien. Während einige EU-Länder eine gemeinsame Impfstrategie und zusätzliche Mittel fordern, hat die Europäische Kommission klargestellt, dass in den kommenden Jahren keine zusätzlichen Gelder für die Bekämpfung von Tierkrankheiten bereitgestellt werden. Auf globaler Ebene haben frühere US-Hilfskürzungen und der Rückzug aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Zusammenarbeit erschwert und Impfkampagnen gefährdet.
Schlussfolgerung der WOAH
Die präventive Impfung von Nutztieren stellt ein wirksames Instrument zur Seuchenbekämpfung dar, wird jedoch durch Handelsbeschränkungen, gesellschaftliches Misstrauen und finanzielle Defizite limitiert. Eine stärkere internationale Zusammenarbeit und die Überwindung wissenschaftlich nicht begründeter Handelshemmnisse könnten die Akzeptanz von Impfprogrammen erhöhen und langfristig die Tiergesundheit, Ernährungssicherheit und den internationalen Handel stärken.