Aviäre Influenza (Vogelgrippe)
Die Aviäre Influenza, in der Fachwelt auch als Vogelgrippe bezeichnet, ist eine durch Viren verursachte Infektionskrankheit, die sich in erster Linie auf Geflügel übertragen kann. In der Umgangssprache wird sie daher häufig als "Geflügelpest" bezeichnet. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass auch Menschen an Vogelgrippe erkranken.
Die Erreger der Aviären Influenza (AI) gehören zur Gruppe der Influenza-A-Viren. Diese Viren besitzen zwei Oberflächenproteine, das Hämagglutinin (H) und die Neuraminidase (N), die für die Interaktion mit Zellen und deren Infektion entscheidend sind. Die Proteine existieren in unterschiedlichen Varianten (Subtypen). Bei aviären Influenzaviren wurden bislang 17 Subtypen des Hämagglutinins (H1–16) und neun Subtypen der Neuraminidase (N1–N9) identifiziert. Die Kombination dieser Proteine definiert die Subtypen des Virus, wie beispielsweise H5N1, H5N8, H7N3 oder H7N7. Darüber hinaus gibt es Influenza-A-Viren bei Fledermäusen in Mittel- und Südamerika mit den Subtypen H17N10 und H18N11.
Diese Oberflächenproteine verändern sich fortlaufend, was die Entstehung neuer Varianten ermöglicht. Sie können die Immunabwehr der Vögel umgehen, gelegentlich neue Wirte infizieren und so ihre Verbreitung sichern.
Innerhalb der Subtypen H5 und H7 können durch spontane Mutationen aus geringpathogenen Formen (low pathogenic avian influenza virus, LPAIV) hochpathogene Varianten (high pathogenic avian influenza virus, HPAIV) entstehen. Während LPAIV sich lediglich im Atmungstrakt und Darm von Vögeln vermehren, verbreiten sich HPAIV im gesamten Körper und führen innerhalb von zwei bis drei Tagen zum Tod. Verantwortlich dafür sind Mutationen in einem Bereich des Hämagglutinins, der für die Aktivierung des Proteins durch Eiweißspaltung entscheidend ist.
Das natürliche Reservoir aviärer Influenzaviren sind wildlebende Wasservögel. In diesem Wirtspool zirkulieren die LPAIV in der Regel ohne größere klinische Auswirkungen.
Die Einschleppung von AI-Viren in Geflügelbestände kann durch verschiedene Faktoren erfolgen. In Freilandhaltungen besteht ein direktes Ansteckungsrisiko durch Kontakt zwischen Geflügel und infizierten Wildvögeln. In geschlossenen Stallhaltungen kann das Virus durch indirekte Kontakte eindringen, beispielsweise durch Tiereinträge, Personen- und Fahrzeugverkehr, kontaminierte Waren, Futter oder Wasser. Bereits kleinste Spuren von virushaltigem Kot oder Nasensekret infizierter Wildvögel oder Geflügel aus anderen Beständen reichen für eine Übertragung aus. Auch eine windgetragene Übertragung über die Luft wird in einigen Fällen benachbarter Haltungen nicht ausgeschlossen.
Einmal eingeschleppt, können die niedrigpathogenen Subtypen H5 und H7 zu hochpathogenen Varianten mutieren und ganze Bestände ausrotten. Zudem ist eine Rückübertragung der HPAIV auf Wildtiere möglich, etwa bei Freilandhaltung oder durch den Kontakt mit kontaminierten Oberflächen oder Gegenständen.
Berichten nach, ist eine Infektion bei Milchkühen in den USA aufgetreten, was vermutlich auf die hohe Empfänglichkeit des Eutergewebes für das Virus zurückzuführen sei. Eine direkte Einschleppung von virushaltigem Material, etwa durch kontaminierte Einstreu, wird als mögliche Ursache angesehen. Innerhalb infizierter Herden könnte sich das Virus über kontaminiertes Melkgeschirr verbreitet haben. Weitere Übertragungen auf andere Milchviehherden wurden möglicherweise durch den Verkauf infizierter, aber symptomfreier Tiere begünstigt.
Gelangt der Virus durch Milch infizierter Kühe in die Lebensmittelkette besteht bei pasteurisierten Milchprodukten kein Infektionsrisiko. Untersuchungen konnten belegen, dass der Pasteurisierungsvorgang das Virus zerstört, auch wenn Viruserbgut nachgewiesen wurde, wie bspw. in Supermarktmilch. Bisher bekannt sind jedoch nur Fälle in den USA.
Auch Wildtiere wie Füchse, Otter, Bären, Robben und Katzen können sich infizieren, wenn sie erkrankte oder tote, infizierte Wildvögel fressen. Die Infektion kann tödlich verlaufen. Meist endet zwar die Infektionskette mit dem betroffenen Tier, wo Tiere auf engstem Raum gehalten werden, zum Beispiel auf Pelztierfarmen, ist jedoch eine Tier-zu-Tier-Übertragung möglich.
In Südamerika wurde zudem eine Mutation beobachtet, die zu einer angepassten Übertragung innerhalb einer wildlebenden Robbenart führte.
Hochpathogene aviäre Influenzaviren bergen grundsätzlich ein Infektionsrisiko für Menschen. Besonders gefährdet sind Personen mit engem Kontakt zu infizierten Tieren oder solche, die kontaminierte, nicht ausreichend erhitzte Lebensmittel wie Geflügelfleisch oder Rohmilchprodukte verzehren.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) haben Milchrinder und Tankmilchproben auf das HPAI-Virus untersucht und keine Hinweise auf das Virus gefunden. Eine FLI-Studie zeigt, dass die deutsche Virusvariante Milchkühe infizieren könnte, das Risiko einer Einschleppung jedoch als gering eingeschätzt wird.
Die allgemeine Risikoeinschätzung zur Vogelgrippe bleibt unverändert. Ein hohes Maß an Aufmerksamkeit bleibt weiterhin wichtig.
Katzen, sowohl Hauskatzen als auch Wildkatzen, sind besonders anfällig für das HPAI-Virus. Infektionen werden häufig durch den Verzehr von nicht pasteurisierter Milch oder rohem beziehungsweise unzureichend gegartem Fleisch ausgelöst. Daher sollten Katzen nur mit gekochtem Fleisch und nicht mit Rohmilch gefüttert werden. Auch das Jagen und Fressen von Wildvögeln sollte verhindert werden.
Hunde können sich ebenfalls infizieren, sind jedoch weniger empfindlich als Katzen. Für sie gelten die gleichen Vorsichtsmaßnahmen. Symptome wie Fieber, Lethargie, Appetitlosigkeit oder Atemwegs- und neurologische Probleme erfordern eine sofortige tierärztliche Behandlung.
Die Impfung gegen den HPAI-Virus war in vielen Ländern lange Zeit verboten oder nur eingeschränkt erlaubt. Hauptgründe dafür waren diagnostische Schwierigkeiten, da geimpfte Tiere kaum von infizierten unterschieden werden konnten, sowie Handelsbeschränkungen. Manche Länder lehnen Geflügelprodukte aus Regionen ab, in denen Impfungen durchgeführt werden, da geimpfte Tiere das Virus trotz fehlender Symptome übertragen könnten.
Mit der EU-Richtlinie 2023/361 hinsichtlich Vorschriften für die Verwendung bestimmter Tierarzneimittel zur Prävention und Bekämpfung bestimmter gelisteter Seuchen sind Impfungen gegen HPAIV unter strengen Auflagen erlaubt. Voraussetzung dafür ist die Zulassung der Impfstoffe durch die EMA. Gleichzeitig gelten strenge Kontrollvorgaben, um eine unbemerkte Virusausbreitung und Risiken für den Handel zu verhindern.
Fortschritte bei Marker-Impfstoffen könnten in Zukunft die Abgrenzung zwischen geimpften und infizierten Tieren erleichtern und somit den Einsatz von Impfungen fördern.
Eine weitere vorbeugende Maßnahme ist die strikte Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen. Dadurch kann eine Erregereinschleppung und Weiterverbreitung in Geflügelbestände verhindert werden.