Zoonosen

Zoonosen

Zoonosen sind Infektionen oder Erkrankungen, die sowohl die Human- als auch die Veterinärmedizin betreffen, da sie wechselseitig zwischen Tieren -genauer Wirbeltiere- und Menschen übertragen werden können. Einige zoonotische Erreger können auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. In Anbetracht der engen Beziehung, die wir zu Tieren in der Landwirtschaft, als Haustiere und in der natürlichen Umwelt haben, stellen diese weltweit ein erhebliches Problem für die öffentliche Gesundheit dar. 

Zoonosen beziehungsweise zoonotische Infektionskrankheiten werden auf natürlichem Weg direkt oder indirekt zwischen Tieren und Menschen durch Parasiten, Pilze, Bakterien, Viren oder andere biologische Einheiten (z.B. Prionen) übertragen. 

Zoonosen haben weltweit eine bedeutende Rolle. Dies liegt nicht nur an der großen Anzahl der Erkrankungsfälle, sondern auch an der hohen Sterblichkeitsrate einzelner Zoonosen. Zudem besteht ein erhebliches Bedrohungspotenzial durch Erreger, die bislang ausschließlich oder überwiegend in Tierreservoiren vorkommen, jedoch potenziell in der Lage sind, die Barriere zum Menschen zu überwinden. 
Zoonoseinfektionen reichen von leichten, vorübergehenden Erkrankungen bis hin zu schweren, lebensverändernden Krankheiten, die sogar tödlich enden können.

Untersuchungen zeigen, dass 56 Zoonosen für etwa 2,5 Milliarden Krankheitsfälle beim Menschen und 2,7 Millionen Todesfälle pro Jahr verantwortlich sind. Die Bedeutung zoonotischer Erkrankungen wird durch die Tatsache verdeutlicht, dass 61 % der 1415 bekannten humanpathogenen Arten als zoonotisch gelten. Von 175 als „neu auftretend“ klassifizierten pathogenen Arten werden 75 % als zoonotisch angesehen. 

Die zoonotische Übertragung von Erregern vom Tier auf den Menschen wird als Hauptursache für neu auftretende Infektionskrankheiten und die jüngsten Pandemien (beispielsweise SARS-CoV-2) betrachtet. Dieses Spillover-Risiko wird durch eine Anzahl von Faktoren (sog. Triebkräfte), die die Art, Häufigkeit und Intensität des Kontaktes zwischen Menschen und Wildtieren beeinflussen, verstärkt. Ein großer Teil dieser Faktoren wie Umweltveränderungen (z.B. Verstädterung, Industrialisierung, Zerstörung der Lebensräume von Wildtieren, steigende Bevölkerungszahlen, zunehmender Tourismus) mit fortschreitender Überschneidung der Lebensräume von Menschen und Tieren sowie eine intensivierte Haltung von Haustieren haben zu steigenden Tendenzen für Zoonosekrankheiten beim Menschen geführt.

 

Zoonosen können auf der Grundlage ihrer Ätiologie (d.h. durch Viren, Bakterien, Pilze, Parasiten oder Prionen verursacht) eingeteilt werden.

  • Beispiele für bakterielle Zoonosen (Pest, Rotz, Lyme-Borreliose, Leptospirose, Brucellose, Tularämie) und Rickettsien-Zoonosen (z.B. epidemischer Typhus durch Rickettsia prowazekii, murines Fleckfieber durch Rickettsia typhi)
  • Beispiele für virale Zoonosen (Rabies, Ebola, Japanische-B-Enzephalitis, Nipah-Virus-Infektionen, Gelbfieber, Rifttalfieber, Hämorrhagisches Krim-Kongo-Fieber, Hantavirus-Infektionen, West-Nil-Fieber)
  • Beispiele für parasitäre Zoonosen (Leishmaniose, Kryptosporidiose, Taeniasis, Toxoplasmose, Echinokokkose, Trichinellose, Giardiasis bzw. Lambliasis)
  • Beispiele für mykotische Zoonosen (Histoplasmose, Blastomykose, Aspergillose, Kokzidioidomykose, Kryptokokkose, Dermatophytose, Sporotrichose)
  • Prionen (variante Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, vCJK)

Darüber hinaus können Zoonosen nach der Art des bzw. der Reservoirwirte(s) und des Lebenszyklus des Infektionserregers eingeteilt werden.
Als Reservoir eines infektiösen Erregers wird der Lebensraum in lebenden Organismen (Tieren, Menschen) oder Biotopen (z.B. Böden) betrachtet, der für ihr Wachstum und ihre Vermehrung essenziell ist. 

Weiterhin werden Zoonoseerreger nach ihrem Übertragungszyklus (Reservoirwirte, Vektoren, Zwischenwirte und Endwirte) unterschieden. Reservoirwirte bezeichnen in Bezug auf humanpathogene Erreger eine Wirbeltierspezies in einer bestimmten Region, in der ein infektiöser Erreger auf unbestimmte Zeit überleben kann, und die Möglichkeit der Übertragung durch Vektoren (weitgehend Arthropoden) auf den Menschen besteht. Vektoren sind lebende Organismen (Fliegen, Zecken, Stechmücken, Läuse und Flöhe), die als Überträger von Krankheitserregern von einem infizierten Tier auf einen Menschen oder ein anderes Tier, fungieren. 

Eine Übertragung von Infektionskrankheiten kann dabei aktiv oder passiv erfolgen. Beispielsweise können biologische Vektoren wie Zecken und Stechmücken in ihrem Körper tragende Krankheitserreger durch Bisse (z.B. Zeckenenzephalitis) auf neue Wirte übertragen, während mechanische Vektoren wie Fliegen, die die Krankheitserreger auf dem Körper tragen, über den Körperkontakt weitergeben. Vektorübertragene Zoonosen und andere vektorübertragene Erkrankungen werden innerhalb der Europäischen Union (EU) als neu auftretende Infektionskrankheiten angesehen, wenn eine Krankheit entweder erstmals in einer Population auftritt oder bereits vorher vorhanden war, deren Inzidenz bzw. geographische Verbreitung jedoch schnell angestiegen ist. Begünstigende Faktoren für den Eintrag von Vektoren in neue Gebiete sind der Tourismus und der internationale Handel, Zugvögel, Tiertransporte (z.B. von Nutztieren), sich ändernde landwirtschaftliche Verfahren, Wind und klimatische Bedingungen. 

Zwischenwirte stellen zusätzliche Wirte für bestimmte Entwicklungs- und Vermehrungsstadien des parasitären Erregers in Abhängigkeit des Entwicklungszyklus (fakultativ heteroxene Parasiten und obligat heteroxene Parasiten) dar. In Zwischenwirten wird im Gegensatz zum Endwirt jedoch nur die ungeschlechtliche Vermehrung vollzogen. Endwirte bilden das Reservoir für geschlechtsreife Parasiten und die geschlechtliche Vermehrung.

Zooanthroponosen sind Zoonosen, bei denen der Erreger hauptsächlich von Wirbeltieren auf den Menschen übertragen wird (z.B. Leptospirose, Rabies, alveoläre Echinokokkose, arbovirale Infektionen wie Denguefieber und Japan-B-Enzephalitis). 

Bei Anthropozoonosen findet die Übertragung der Erreger weitgehend vom Menschen auf Wirbeltiere statt (z.B. Streptococcus pneumoniae, menschliche Tuberkulose durch Mycobacterium bovis bei Rindern und Papageien). Sie haben jedoch eine untergeordnete Bedeutung. 

Amphixenosen oder Fakultative Zoonosen sind durch eine wechselseitige Infektionsübertragung gekennzeichnet, wobei Tier und Mensch erkranken und Symptome aufweisen, die unterschiedlich ausgeprägt sein können (z.B. Salmonellose, Staphylococcus-Infektion, Escherichia coli-Infektion). Es gibt auch Fälle, in denen nur der Mensch oder das Tier Symptome aufweisen, wobei Erreger auch ohne entsprechende Symptomatik ausgeschieden werden können.

Zoonotische Erkrankungen können durch eine Vielzahl von Pathogenen ausgelöst werden:

 

Bakterielle Zoonosen

Das Vorkommen bakterieller Erreger als Auslöser von Tierseuchen ist insbesondere in der Landwirtschaft mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten (z.B. Tuberkulose der Rinder), Gefährdung des Tierwohls durch erhöhte Sterblichkeit (z.B. Tularämie, Salmonellose), Fehlgeburten (z.B. Q-Fieber) und Sterilität (z.B. Brucellose) verbunden. Weltweit zählen Bakterien zu den hauptsächlichen Pathogenen als Verursacher lebensmittelbedingter Erkrankungen beim Menschen mit besonders hoher Belastung in den Entwicklungsländern (z.B. Salmonella spp., Campylobacter spp., Listeria monocytogenes und Escherichia coli). Es gibt eine Anzahl von bakteriellen Zoonosen mit endemischem Vorkommen (z.B. Lyme-Borreliose) oder sporadischem Auftreten (z.B. Tularämie).

 

Bakterielle Zoonosen im Überblick:

Rickettsiosen und verwandte Infektionen

Rickettsiosen werden durch obligat intrazelluläre, gramnegative Stäbchenbakterien der Gattung Rickettsia hervorgerufen, deren Übertragung überwiegend durch Zecken, Milben, Flöhe oder Läuse erfolgt. In der Regel verfügt diese Gruppe über ein Tierreservoir. Eine Ausnahme bildet Rickettsia prowazekii, der Erreger des epidemischen Fleckfiebers, für die der Mensch das wichtigste Reservoir darstellt.

Beispielsweise umfassen Rickettsiosen im erweiterten Sinne auch Infektionen durch verwandte Gattungen wie Coxiella, Ehrlichia, Anaplasma, Neorickettsia, Candidatus Neoehrlichia und Orienta.

Zu den infektiösen Erregern, die über längere Zeit außerhalb ihres Vektors überlebensfähig sind, gehören z.B. Rickettsia typhi, Rickettsia rickettsii und Coxiella burnetii, der der Auslöser des Q-Fiebers ist. Der Erreger, der zunächst zu den Rickettsien zählte, wurde jedoch später nach Feststellung starker Genomunterschiede in die Gruppe der Gammaproteobakterien eingeordnet.

Coxiella burnetii ist ein gramnegatives, kokkoides Stäbchenbakterium aus der Familie der Coxiellaceae, das nicht nur hoch infektiös ist, sondern auch durch den extrazellulären Aufbau einer verdickten Zellwand extrem umweltresistent und selbst bei sauren pH-Werten von 4,5 noch widerstandsfähig ist. Obwohl der Erreger unbeweglich ist, zeigt er sich durch die Bildung von Sporen stabil gegenüber äußeren Einflüssen wie Trockenheit, Hitze oder saurem pH-Wert.

Das Q-Fieber (Query-Fieber) ist eine, bis auf Neuseeland und der Antarktis, weltweit verbreitete, 1937 erstmalig in Australien beschriebene Zoonose, die durch Inhalation von infektiösem Staub oder durch den direkten Kontakt zu infizierten Tieren übertragen wird. Durch die Ausbildung einer sporenähnlichen Struktur im Bodenstaub kann Coxiella burnetii längere Zeit (teilweise mehr als 40 Monate) überdauern. In der Regel weisen erkrankte Tiere eine asymptomatische Verlaufsform mit subklinischen Merkmalen auf, die sich während einer Schwangerschaft reaktivieren können. Es können Reproduktionsstörungen auftreten, die sich z.B. im Auftreten von Aborten bemerkbar machen. Der Erreger wird vor allem über Nachgeburt und Fruchtwasser sowie über Urin, Kot und Milch ausgeschieden.

Coxiella burnetii wird vor allem von infizierten Paarhufern (Ziegen, Schafe oder Rinder) sowie Katzen, Hunden, Kaninchen und Wildtieren (Rehe, Füchse) als auch Vögeln auf den Menschen übertragen. Als wichtige Vektoren zwischen Haus- und Wildtieren fungieren verschiedene Zeckenspezies, meist aus der Familie der Schildzecken (Ixodidae), die auch als Reservoir dienen. Häufig ist für eine Übertragung des Erregers auf den Menschen nicht der Zeckenbiss selbst, sondern der Kot der Zecken verantwortlich. 

Es werden zwei Verlaufsformen unterschieden. Das akute Q-Fieber tritt als atypische und interstitielle Pneumonie auf, während beim chronischen Q-Fieber auch andere Organe betroffen sein können, und die Erkrankung oftmals in einer Endokarditis resultiert oder zu einer Vergrößerung von Leber und Milz führt. 

Innerhalb der Europäischen Union (EU) zählt Q-Fieber gemäß Anhang II der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 und entsprechend der VO (EU) 2016/429 („Tiergesundheitsrecht“ oder AHL – Animal Health Law) zu den überwachungspflichtigen Seuchen der Kategorie E.
In Deutschland ist entsprechend der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten (TKrMeldpflV 1983) der Nachweis von Q-Fieber bzw. C. burnetii bei Rindern, Schafen und Ziegen meldepflichtig. Der Nachweis von C. burnetii beim Menschen unterliegt gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) der namentlichen Meldepflicht.


Chlamydiosen

Chlamydiale Zoonosen oder Chlamydiosen haben sowohl für die Human- als auch die Veterinärmedizin epidemiologische und klinische Relevanz. 

Die Chlamydiose ist weltweit verbreitet und verursacht ein breites Spektrum an Erkrankungen bei Menschen, lebensmittelliefernden Tieren, Haustieren, wild lebenden Säugetieren, Vögeln, Reptilien, Amphibien und Wassertieren. Die Bandbreite der Reservoirwirte umfasst mehr als 500 Arten, darunter den Menschen. Auslöser von Chlamydiosen bei Tieren und Menschen sind Chlamydien aus der Familie Chlamydiaceae, eine Gruppe gramnegativer, obligat intrazellulär lebender Bakterien mit einem biphasischen Entwicklungszyklus, die der Ordnung Chlamydiales angehören und eukaryotische Wirte infizieren können. Chlamydiosen reichen von subklinischen bis hin zu lebensbedrohlichen Infektionen in Abhängigkeit von der Chlamydienart, den infizierten Wirten und Geweben. 

Chlamydieninfektionen treten bei den meisten Tieren auf und können gelegentlich auch von mehreren Tierarten gleichzeitig ausgehen. Obwohl viele Arten einen natürlichen Wirt oder ein natürliches Reservoir haben, ist eine Vielzahl in der Lage, natürliche Wirtsbarrieren zu überwinden. Die Erreger können durch den direkten Umgang mit infizierten Tieren und Geweben, dem Einatmen von Aerosolen getrockneter Fäkalien oder Atemwegssekreten sowie durch andere Expositionen übertragen werden. Das zoonotische Potenzial einiger Chlamydien-Spezies wird in vielen Fällen unterschätzt. Im Vergleich zu humanpathogenen Spezies wie Chlamydia trachomatis und Chlamydia pneumoniae sind die Fallzahlen zwar gering, dennoch kann eine durch Chlamydien ausgelöste Zoonose einen komplizierten Verlauf aufzeigen, in dessen Folge es beispielsweise zum vorzeitigen Abbruch einer Schwangerschaft (z.B. bei C. abortus) oder einer häufig atypischen Pneumonie (z.B. bei C. psittaci) kommen kann. Weiterhin konnten die Chlamydien-Spezies C. suis, C. caviae, C. felis, C. pecorum und C. gallinacea beim Menschen isoliert werden, wobei weitere Studien erforderlich sein werden, da die Bedeutung der Befunde in Bezug auf die klinischen Anzeichen der Chlamydiose noch unklar ist. Die aktuelle Taxonomie umfasst 18 Chlamydien-Spezies (14 anerkannte und 4 Candidatus Spezies) der Gattung Chlamydia, von denen einige Erreger zoonotische Bedeutung für eine Tier-zu-Mensch-Übertragung haben. 
 

Virale Zoonosen 

Bakterien und Parasiten werden zwar häufig mit Zoonoseereignissen in Verbindung gebracht, jedoch machen Viren einen erheblichen Anteil der aufgetretenen Zoonose-krankheiten aus, wobei mehr als 70 % zoonotischer und viraler Natur sind, die den Menschen bekanntermaßen infizieren. Anlass zu Bedenken gibt der drastische Anstieg des (Wieder)auftretens viraler Zoonosen im 21. Jahrhundert. 

Zahlreiche Wildtierarten, Haustiere oder Nutztiere beherbergen dauerhaft virale Erreger und dienen somit als Reservoir- oder Verstärkerwirte, die Viren auf den Menschen übertragen können. Da der Beziehung zwischen Erreger und Reservoirwirt vielfach eine lange Koevolutionsgeschichte vorausgegangen ist, tolerieren Reservoirwirte die Infektion oftmals ohne klinische Symptome.

Kommt es zu einem Spillover, d.h. das Überspringen des Erregers vom Reservoirwirt auf eine andere Spezies („Fehlwirt“ - Dead-end-host), so kann dies für den Fehlwirt weitreichende Folgen haben, die von klinisch unauffälligen bis hin zu schwerwiegenden oder tödlichen Krankheitsverläufen reichen. 
Nahezu alle Wirbeltiere dienen als Reservoire für virale Zoonosen (wie Tollwut, Hantavirus-Infektion, Frühsommer-Meningoenzephalitis, Ebolafieber, Gelbfieber, Rift-Valley-Fieber, Rotavirus-Infektion und Borna-Krankheit), die bei verschiedenen Wirten ernsthafte Gesundheitsprobleme hervorrufen können.

Zoonoseviren sind bedeutende Beispiele für neu auftretende Krankheiten, da sie sich rasch an veränderte Bedingungen anpassen können. Viren wenden mehrere Überlebensstrategien an, um der Immunreaktion des Wirts zu entgehen. Diese reichen von einer Genmutation, die zu einer Antigenvariation führt, der Erlangung einer neuen Wirtsspezifität (oder deren Verlust) bis hin zum Erwerb der Fähigkeit, über einen längeren Zeitraum im Wirt zu überwintern.

Weiterhin verursachen zoonotische Viruskrankheiten weltweit eine hohe Mortalität und Morbidität beim Menschen. Während man um die Eindämmung dieser Krankheiten bemüht ist, wurden viele neue Viruskrankheiten, insbesondere solche zoonotischen Ursprungs, beim Menschen entdeckt. Diese kommen häufig in geografischen Regionen vor, in denen zuvor keine Krankheiten gemeldet wurden.

Anthropogene Faktoren wie Klimaveränderung, intensive Urbanisierung und der illegale Wildtierhandel haben die Interaktion zwischen Menschen und Tieren erheblich verstärkt und das Risiko einer Krankheitsübertragung erhöht. Darüber hinaus wird die Ausbreitung dieser (wieder-)aufkommenden Krankheiten durch die Globalisierung, die Geopolitik und gesellschaftliche Wahrnehmung direkt gefördert. Die regelmäßige Entdeckung neuer Zoonosen deutet darauf hin, dass die bekannten Viren lediglich einen Bruchteil der insgesamt in der Natur existierenden Viren darstellen.


Virale Zoonosen im Überblick:

West-Nil-Virus-Infektionen

Neben Listeriose wurden im EU-Zoonosenbericht des Jahres 2023 West-Nil-Virus-Infektionen auf Grundlage der dem ECDC (Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten) von den Mitgliedstaaten übermittelten Daten als eine der schwerwiegendsten Erkrankungen mit den höchsten Todesfall- und Krankenhausaufenthaltsraten benannt. Beinahe alle Fälle von West-Nil-Virus-Infektionen (78,1% der lokal erworbenen wahrscheinlichen und bestätigten Fälle) erforderten eine Krankenhausbehandlung und bedingten die höchsten Sterblichkeitsraten (11,2%).

Das ursprünglich aus Afrika stammende West-Nil-Virus (WNV) wurde 1937 erstmals im West-Nil-Distrikt in Uganda festgestellt. Durch Zugvögel gelangte das Virus in den Mittelmeerraum und nach Europa, wo es zu Beginn der 1960er Jahre erstmals in Frankreich aufgetreten ist. Besonders im süd- und südosteuropäischen Raum, wo das Virus seit langem saisonal in den Sommermonaten übertragen wird und auch vor Ort überwintert, wurden Infektionen bei Menschen, Pferden und Vögeln gemeldet.

Nachdem im Jahr 1999 die ersten schweren humanen Erkrankungsfälle aus den USA und Kanada gemeldet wurden, die mit einem massenhaften Versterben der regionalen Vogelpopulation verbunden waren, rückte das West-Nil-Virus (WNV) erstmals in den Fokus der Öffentlichkeit. Eine verstärkte Ausbreitung des Erregers in Europa gegen Ende der 1990er Jahre führte zu einem neuen aufkommenden Bewusstsein und Interesse am WNV. Das Virus ist in tropischen und gemäßigten Regionen in unterschiedlichem Ausmaß endemisch verbreitet. Auch in Deutschland treten sporadische Infektionen auf. 

Das West-Nil-Virus, ein einsträngiges RNA-Arbovirus aus der Familie der Flaviviridae, das dem Genus Flavivirus zugehörig ist, gliedert sich aufgrund der ausgeprägten Kreuzreaktivität in den Japan-Enzephalitis-Virus-Serokomplex und wird in die WNV-Subtypen 1 und 2 eingeteilt.

In erster Linie wird das WNV enzootisch von Stechmücken der Gattungen Aedes, Ochlerotatus und vor allem durch ornithophile Vertreter der Gattung Culex zwischen wildlebenden Vögeln übertragen. Im Herbst 2019 konnte das Virus erstmalig in Stechmücken des Culex pipiens-Komplex in Deutschland identifiziert werden.  Ebenso ist eine Übertragung des Virus über die Asiatische Tigermücke möglich. Mücken, die sich an Vögeln infiziert haben, können Erreger als Brückenvektoren (Mückenarten, die sich bei der Blutmahlzeit nicht wirtsspezifisch ernähren) auch auf Menschen und andere Säugetiere (insbesondere Pferde) übertragen, die aber in der Regel keine oder nur schwache klinische Anzeichen zeigen. Menschen und Pferde stellen im Gegensatz zu Vögeln (Amplifikationswirte) Fehlwirte bzw. Endwirte einer Infektion mit niedriggradiger Virämie dar und bieten insofern selbst keine Virusquelle für Mücken. 

In Deutschland sind derzeit (September 2024, Pressemitteilung FLI) drei Impfstoffe gegen WNV für Pferde zugelassen, die von der STIKo Vet für Impfungen von Pferden, die im Ausbreitungsgebiet des Virus gehalten oder für kurze Zeit dorthin verbracht werden, empfohlen werden, um die Tiere vor einem schweren klinischen Verlauf zu bewahren. Weiterhin besteht die Möglichkeit einer Impfung von Zoo- und Zuchtvögeln, da Pferdeimpfstoffe gemäß der Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel umgewidmet werden können.

Ausbrüche stehen in enger Verbindung mit günstigen Bedingungen (anhaltend warme Temperaturen) für die Vektoren. Menschen infizieren sich über den Stich einer WNV-infizierten Mücke (vorwiegend aus der Gattung Culex), aber auch andere Übertragungswege durch Organtransplantationen, durch Bluttransfusionen sowie während der Schwangerschaft sind möglich. Ältere, vorerkrankte und immungeschwächte Menschen sind vor allem von einem erhöhten Risiko eines schweren Verlaufs für West-Nil-Virus-Infektionen in Endemiegebieten betroffen. Übertragungen durch Schmier- oder Tröpfcheninfektionen sind selten.

Es zeigen sich vorwiegend Krankheitsverläufe ohne klinische Symptomatik, bei denen die Erkrankten nach einer Inkubationszeit von 2 – 14 Tagen eine grippeähnliche Erkrankung mit teils biphasischem Fieber, Schüttelfrost, Kopf-und Rückenschmerzen, Lymphknotenschwellungen und Abgeschlagenheit entwickeln. In seltenen Fällen treten neuroinvasive Formen der Erkrankung auf, die sich bei einem Teil der Patienten größtenteils als gutartige Meningitis oder seltener als Enzephalitis manifestiert.

Obwohl Infektionen mit dem West-Nil-Fieber in der Regel komplikationslos ausheilen, ist jedoch bei Patienten, bei denen sich im Verlauf der Erkrankung eine Enzephalitis entwickelt hat, in 50% der Fälle mit Spätfolgen zu rechnen. Der Anteil der Personen, bei denen neuroinvasive West-Nil-Infektionen tödlich verlaufen, insbesondere bei älteren Menschen und Personen mit kardiovaskulären Vorerkrankungen oder immunsupprimierten Patienten, liegt bei etwa 5-10%. Derzeit gibt es keine spezifischen antiviralen Therapiemöglichkeiten, daher erfolgt die Behandlung des West-Nil-Fiebers symptomatisch und bei Bedarf intensivmedizinisch.

Prophylaktisch besteht einzig die Möglichkeit, an Orten mit entsprechender Mückenbelastung lange Kleidung zu tragen, die Anwendung von Repellents und Insektiziden, der Aufenthalt in geschlossenen oder klimatisierten Räumen sowie der Gebrauch von Fenstergittern und Moskitonetzen.

Seit dem Jahr 2018 wurden in den Sommermonaten überwiegend in Ostdeutschland während der Mückensaison WNV-Funde (Subtyp 2) bei Vögeln und Pferden berichtet, wobei ein Vorkommen von WNV-Erkrankungsfällen in den Sommer- und Herbstmonaten im Verlauf der Jahre darauf hindeutet, dass das West-Nil-Virus auch in Deutschland überwintert und im Sommer hinreichend günstige klimatische Bedingungen vorfindet, um sich weiter etablieren zu können.

In Deutschland besteht gemäß § 7 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) für den direkten oder indirekten Erregernachweis eine namentliche Meldepflicht.
 

Parasitäre Zoonosen

Parasitäre Zoonosen bzw. Parasitosen gehören taxonomisch zu der Gruppe der Metazoen (mehrzellige, heterotrophe Organismen) und der Protozoen (einzellige, eukaryonte Organismen, die einen tierischen oder menschlichen Wirt für ihre Vermehrung benötigen). Der Begriff Protozoen ist veraltet, findet aber medizinisch und in der wissenschaftlichen Literatur noch Verwendung. 

 Bekannte und bedeutende Vertreter endoparasitärer Zoonosen beim Menschen, die durch Wurm -oder Helminthenparasiten hervorgerufen werden, bilden eine evolutionär alte und vielfältige Gruppe von Metazoen, zu denen Arten von Nematoden bzw. Fadenwürmern (z.B. Trichinella spp., Strongyloides stercoralis, Anisakis simplex), Zestoden bzw. Bandwürmern (z.B. Echinococcus granulosus, Taenia solium), Trematoden bzw. Saugwürmern (z.B. Fasciolopsis buski, Schistosoma mansoni) und Acanthocephala bzw. Kratzer (z.B. Macracanthorhynchus hirudinaceus, Moniliformis moniliformis) gehören.

Besonders lebensmittelbedingte Protozoonosen bzw. Protozoeninfektionen, von denen jährlich über 1.000 Fälle bei Menschen in der Europäischen Union (EU) gemeldet werden, stellen eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar, wobei der Schweregrad der Erkrankung je nach Art des Parasiten unterschiedlich ausgeprägt sein kann.

Bedeutend sind hierbei die Protozoenparasiten wie Cryptosporidium spp., Giardia duodenalis (syn. Giardia intestinalis, Lamblia intestinalis) und Toxoplasma gondii, die im Jahr 2010 zusammen für etwa 47 Millionen Krankheitsfälle (Inzidenz von 185 Fällen pro 100.000 Einwohner) in Europa verantwortlich waren. 


Parasitäre Zoonosen im Überblick:

Toxoplasmosen

Die Toxoplasmose wird durch den obligat intrazellulär lebenden Einzeller Toxoplasma (T.) gondii, der zu den Apicomplexa (Sporentierchen) gehört, verursacht. Der Erreger wurde erstmalig bei dem nordafrikanischen Nagetier Ctenodactylus gundi identifiziert, worauf die Bezeichnung „gondii“ zurückzuführen ist.

T. gondii ist der einzige Vertreter der Gattung Toxoplasma und kommt weltweit vor. Es existieren mindestens drei für den Menschen infektiöse Genotypen. In Nordamerika und Europa, auch in Deutschland, ist der Genotyp II für die meisten Infektionen verantwortlich. Es wird geschätzt, dass etwa 30% der Weltbevölkerung eine Toxoplasma-Infektion haben oder überstanden haben.

Der EU-Zoonosenbericht von 2023 zeigt bei den von den Mitgliedstaaten und Nicht-Mitgliedstaaten gemeldeten Überwachungsdaten von Tieren, dass T. gondii in den meisten Nutztierarten in der Europäischen Union (EU) sowie in Heimtieren/Zootieren und Wildtieren vorkommt. Bei den Mitgliedstaaten wurde der höchste Anteil positiver Proben bei kleinen Wiederkäuern (21,7%), Rindern (13,1%) und Heimtieren (10,6%) erfasst.

Toxoplasma gondii infiziert ein sehr breites Spektrum an Säugetieren, einschließlich des Menschen, und fast alle Vögel. Katzen und andere Feliden sind die einzigen Endwirte des Parasiten, während Menschen und andere warmblütige Tiere (z.B. Schweine, andere Schlachttiere und Geflügel) als Zwischenwirte dienen.

Der Lebenszyklus ist durch eine geschlechtliche und ungeschlechtliche Vermehrungsphase mit verschiedenen Entwicklungsstadien gekennzeichnet. Besondere Bedeutung haben Katzen und andere Feliden als Endwirt, in deren Darmepithel die geschlechtliche Vermehrung der Parasiten stattfindet. Die Eier der Parasiten (Oozysten), die besonders Katzen in großer Anzahl mit dem Kot ausscheiden, werden nach einer von Luftfeuchtigkeit und Temperatur abhängigen Sporulation innerhalb von 2-4 Tagen infektiös. Diese Oozysten werden in die Umwelt über Wind, Niederschläge und Oberflächenwasser weiterverbreitet, wo sie im Boden je nach Umweltbedingungen bis zu 18 Monate, bei Temperaturen von 4°C sogar 5 Jahre virulent bleiben können. In der Regel werden nur von erstinfizierten Feliden Oozysten gebildet und ausgeschieden.

Im Darmtrakt infizierter Zwischenwirte entstehen sogenannte Tachyzoiten, eine bewegliche und aktive Form des ungeschlechtlichen Parasitenstadiums, dem nach zellulärer Immunantwort des Wirtes etwa nach einer Woche die Umwandlung der replikativen Tachyzoiten in die ruhenden von einer Zystenwand umgebenen Bradyzoiten folgt, die überwiegend im Gehirn, in der Retina sowie der Skelett- und Herzmuskulatur als sehr lange lebensfähiges Dauerstadium vorkommen, das der Aufrechterhaltung der latenten, inaktiven Infektionsphase dient. 

Obwohl die überwiegenden Infektionen bei immunkompetenten Kindern und Erwachsenen mit einer Inkubationszeit von 2-3 Wochen in 80-90% der Fälle einen asymptomatischen Verlauf zeigen oder selbstlimitierende grippeähnliche Symptome mit Fieber und Lymphadenitis vorwiegend im Kopf- und Halsbereich aufweisen, kann es dennoch besonders bei immunsupprimierten Menschen (z.B. HIV-Patienten) überwiegend nach Reaktivierung der latenten Infektion zu schweren Formen der Toxoplasmose als Enzephalitis und seltener zur okulären Toxoplasmose kommen. 

T. gondii ist einer der häufigsten parasitären Infektionserreger bei transplantierten Patienten. Insbesondere für Ungeborene im Mutterleib besteht das Risiko für konnatale Infektionen, wenn eine Erstinfektion der Mutter während der Schwangerschaft erfolgt, die beim Neugeborenen Schädigungen wie Hydrocephalus, Kalzifikationen des ZNS, Thrombozytopenie, Mikrozephalie und Hepatosplenomegalie verursachen kann.

In Deutschland besteht nach § 7 Abs. 3 IfSG die nichtnamentliche Meldepflicht für den direkten oder indirekten Nachweis von Toxoplasma gondii bei konnatalen Infektionen. Die Hauptinfektionsquelle für den Menschen ist der Verzehr von rohem oder unzureichend behandeltem, zystenhaltigem Schweinefleisch (z.B. Mett, Hackepeter) und Rohfleischprodukten von Schafen, Ziegen, Geflügel und Wildtieren.

In Europa stellen vor allem rohes oder nicht ausreichend behandeltes Fleisch und Fleischprodukte eine bedeutende Infektionsquelle dar, da in ihnen lebende Toxoplasma-Zysten vorhanden sein können. In der Regel bleiben die Zysten in rohem Fleisch, das bei Temperaturen von 4°C gekühlt wird, so lange infektiös, wie das Fleisch als genießbar gilt. Der Erreger kann durch ein Tiefkühlen bei -21°C oder durch ein 20-minütiges Erhitzen von mindestens 50°C Kerntemperatur im Fleisch abgetötet werden.

Auch durch den Verzehr von mit sporulierten Oozysten verunreinigten Lebensmitteln (z.B. Beeren, rohes Gemüse oder ungewaschene Salate) oder Kontakt mit kontaminierter Erde (beispielsweise bei der Gartenarbeit) oder Kontakt zu Katzen und Katzenkot sind Schmutz- und Schmierinfektionen möglich. Da infektiöse Oozysten auch im Grundwasser überlebensfähig sind, kommt es in Ländern, in denen die Trinkwasseraufbereitung unzureichend ist, wiederkehrend zu Toxoplasmose-Infektionen durch verunreinigtes Trinkwasser. In Europa ist dieser Übertragungsweg größtenteils ausgeschlossen.

Darüber hinaus bestehen noch weitere, eher seltene Wege der Übertragung, insbesondere bei der Übertragung von Tachyzoiten auf den Fötus durch die Plazenta während der mütterlichen Parasitämie bei einer Erstinfektion im Verlauf der Schwangerschaft (pränatale Infektion) sowie der Parasitenübertragung bei einer Transplantation oder durch eine unbeabsichtigte Inokulation. 
Neben den genannten seltenen Übertragungswegen sind auch direkte Übertragungen von Mensch zu Mensch in der Regel auszuschließen.

Die empfohlenen infektionsepidemiologischen Präventionsmaßnahmen in Deutschland gelten insbesondere für seronegative Schwangere oder immunsupprimierte Patienten:

  • Verzicht auf den Verzehr von rohen oder nicht ausreichend erhitzten, tiefgekühlten oder durch andere Verfahren adäquat behandelte Fleischprodukte (z.B. Rohwürste).
  • Gründliches Waschen von rohem Gemüse und Früchten vor dem Verzehr
  • Händewaschen vor dem Essen
  • Händewaschen nach der Zubereitung von rohem Fleisch, nach Garten-, Feld- oder anderen Erdarbeiten und nach dem Besuch von Sandspielplätzen
     

Mykotische Zoonosen

Etwa 1,5 Millionen Pilzarten leben auf der Erde, von denen nur rund 300 in kausalem Zusammenhang mit menschlichen Krankheiten stehen. Pilze, die eukaryotische Zellen und eine chitinhaltige Zellwand besitzen, gehören zu den heterotrophen Organismen, und können durch parasitären Befall eine Vielzahl an Infektionskrankheiten (Mykosen) hervorrufen, die zu unterschiedlichen Krankheitsbildern bei Menschen und Tieren führen. Bekanntermaßen können sie sich auf bemerkenswerte Weise an teils extreme Umweltbedingungen anpassen. Sie entwickeln sich unter Selektionsdruck schnell weiter, was eine verbesserte Thermotoleranz und Virulenz zur Folge hat, bedingt durch ihre Fähigkeit zur geschlechtlichen und asexuellen Vermehrung, epigenetischen Veränderungen und Toleranz gegenüber Veränderungen in ihrem Genom. Pilze sind nicht-photosynthetische Mikroorganismen im Boden, auf totem organischem Material oder als Parasiten von Pflanzen und Tieren, einschließlich des Menschen, die dann Infektionen hervorrufen, wenn die Immunität des Wirtsorganismus herabgesetzt ist.

Durch das Absondern von Enzymen zersetzen sie ihre Wirte, um essenzielle Nährstoffe aufzunehmen. Ihre Vermehrung erfolgt geschlechtlich und/oder ungeschlechtlich durch die Ausbreitung von Sporen. Mit zunehmender globaler Erwärmung und der sich entwickelnden Thermotoleranz der Pilze, die sich mehr an die menschliche Körpertemperatur als an ihre saprophytische Natur anpassen, tritt der Mensch als neuer Wirt für Pilze auf.

Meist werden opportunistische Pilzinfektionen, die sich vor allem bei immungeschwächten Wirten (z.B. Kandidose, Aspergillose, Mukormykose) und primäre Pilzinfektionen (z.B. Histoplasmose, Blastomykose, Kokzidioidomykose, Parakokzidioidomykose), die in der Regel bei immunkompetenten Wirten nach dem Einatmen von Pilzsporen eine Infektion der Lunge (Lungenentzündung) hervorrufen, unterschieden.

Generell werden pathogene Pilze mit medizinischer Bedeutung in drei Gruppen eingeteilt: 

  • Dermatophyten
  • Hefen
  • Schimmelpilze

Darüber hinaus existieren dimorphe Pilze, die in der Lage sind, sowohl Schimmelpilz- als auch Hefepilzformen anzunehmen. Das zoonotische Potenzial von Pilzen ist nicht einheitlich und variiert je nach Pilzart. Weltweit sind Pilzinfektionen, die durch zoonotische und/oder sapronotische Übertragungswege verursacht werden, mit erheblichen sozioökonomischen und gesundheitlichen Folgen verbunden. 


Mykotische Zoonosen im Überblick:

Dermatophytosen 

Dermatophyten werden basierend auf ihrem natürlichen Hauptreservoir als zoophil (Tiere), anthropophil (Menschen) oder geophil (Boden) klassifiziert.

Dermatophytosen werden durch eine Gruppe hochspezialisierter pathogener Pilze verursacht, die die häufigsten zoonotischen Erreger oberflächlicher Mykosen bei Menschen und Tieren sind.

Im Wesentlichen sind vier Arten für die überwiegende Mehrheit der zoonotischen Dermatophytose verantwortlich:

  • Microsporum canis (hauptsächlich von Katzen und Hunden stammend)
  • Trichophyton verrucosum (überwiegend von Rindern stammend)
  • Trichophyton (Arthroderma) vanbreuseghemii (Übertragung von Katzen und Hunden)
  • Trichophyton (Arthroderma) benhamiae, (hauptsächlich bei Meerschweinchen nachgewiesen, gelegentlich auch bei Kleinsäugern wie Kaninchen, Ratten und Hamstern auftretend).

Zoonotische Dermatophytosen, gemeinhin als Ringelflechte oder Tinea bekannt, sind ein typisches für synanthrope Zoonosen, bei denen ein Zyklus zwischen Tieren und Menschen im städtischen und häuslichen Bereich besteht, im Gegensatz zu exoanthropen Zoonosen, die einen sylvatischen Zyklus haben.

Die Infektionsquelle in städtischen Gebieten sind streunende Tiere und Haustiere, bei denen die Läsionen als trockene, graue und schuppige Flecken auftreten. Zu den Reservoirwirten zählen Katzen, Hunde, Ziegen, Schweine, Schafe, Kaninchen, Pferde, Hühner, Esel und Enten.

Dermatophytosen werden durch direkten Haut- oder Haarkontakt mit infizierten Tieren und Fomiten übertragen. Der Kontakt mit Sporen (Konidien) führt zur Infektion von Menschen und Tieren. Normalerweise produzieren Dermatophyten, die in einem Wirbeltierwirt leben, nur Arthrosporen (Arthrokonidien), die ungeschlechtlichen Sporen, die sich innerhalb der Hyphen entwickeln.

Aufgrund der zunehmenden Domestizierung von Tieren sind neue Arten wie T. erinacei und T. benhamiae beim Menschen aufgetreten, wobei Trichophyton benhamiae, ein zoophiler dermatophytischer Fadenpilz, in den letzten Jahren in Deutschland zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Aufgrund der fehlenden Meldepflicht für Dermatophyten existieren keine umfassenden Daten über ihre Verbreitung und Häufigkeit.

Erregerisolate können flache, ausstrahlende Kolonien mit gelblich gefärbtem Luftmyzel und einer dichten, samtartigen Oberfläche sowie einer intensiv gelb gefärbten Unterseite ausbilden. Seltener kommen Koloniemorphologien vor, die weiß, granulär, auch pudrig und eventuell ausstrahlend sein können. Die Pilzsporen sind äußerst widerstandsfähig und können bei unzureichender Hygiene mehrere Jahre lang überdauern.

T. benhamiae ist Auslöser von Mikrosporien, die vor allem bei Kindern und Jugendlichen zu starken Entzündungsreaktionen der Haut am Körper (Tinea corporis) und im Gesicht (Tinea faciei) mit ausgeprägtem Juckreiz führen. Mitunter können auch Kopfhaut und Haare (Tinea capitis) betroffen sein, die mit einer eitrigen Abszedierung, dem Kerion Celsi (häufig in Verbindung mit dauerhaftem Haarausfall), auftreten kann.

Die Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen für zoonotische Dermatophyten umfassen die Behandlung infizierter Tiere sowie die Desinfektion von Räumlichkeiten und Übertragungswegen. Der Kontakt zu infizierten Tieren sollte eingeschränkt werden, und beim Umgang mit ihnen sollten Handschuhe und Schutzkleidung verwendet werden. Da Pilze sich bei Feuchtigkeit leichter ansiedeln, helfen eine saubere und trockene Haut sowie trockenes Haar dabei, die Infektion zu verringern. Die Gesamtprävalenz anthropophiler Dermatophyten kann durch eine bessere Überwachung, verbesserte Lebensbedingungen und Behandlungen verringert werden, während Hygiene und Kontaktvermeidung in bestimmten Fällen hilfreich sind.

Azelluläre nicht-virale Krankheitserreger (Prionen) 

Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) beim Tier und Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK oder engl. CJD, Creutzfeldt Jakob disease) beim Menschen

Die klassische Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE), die das ZNS von Rindern betrifft, ist eine durch Prionen (Glykoproteine) hervorgerufene Form der Transmissiblen Spongiformen Enzephalopathie (TSE), einer Gruppe von tödlich verlaufenden neurodegenerativen Erkrankungen bei Menschen und Tieren, die nach Übertragung auf den Menschen zur erworbenen Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) führt. 

Das erstmalige Auftreten dieser zoonotischen Erkrankung, die als anzeigepflichtige Tierseuche gilt, wurde 1985 in Großbritannien mit mehr als 180.000 diagnostizierten Fällen bei Rindern berichtet, wobei von vermutlich mehr als drei Millionen betroffenen Tieren ausgegangen werden kann. Seit 1989 haben die EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission eine Vielzahl von Maßnahmen eingeführt, um das BSE-Risiko in der EU zu bewältigen.

Die Bovine Spongiforme Enzephalopathie kann in drei verschiedenen Formen auftreten, als klassische BSE, als H-Typ atypische BSE und als L-Typ atypische BSE. H- und L-Typ der atypischen BSE können spontan bei älteren Tieren auftreten, die auf den Menschen als nicht übertragbar eingestuft werden. Die klassische BSE ist die einzige Form, die nach dem Verzehr von infiziertem Fleisch auf den Menschen übertragen werden kann und eine im Jahr 1996 erstmalig diagnostizierte Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) verursachte.

Als Auslöser von BSE werden fehlgefaltete, infektiöse Formen (PrPSc) des körpereigenen zellulären Prion-Proteins (PrPC) als wahrscheinlich betrachtet, wobei eine Konformationsänderung des bis zu diesem Zeitpunkt physiologischen Proteins PrPC nach Überschreitung einer kritischen Menge an infektiösen Prionen in die pathologische Scrapie-Form PrPSc induziert wird. Es kommt zur Anreicherung infektiöser Partikel in den Geweben der Tiere, vor allem im ZNS, die durch Proteasen nicht regelrecht abgebaut werden können. Als Folge bedingen diese eine Degeneration von Nervenzellen mit schwammartigen (spongiformen) Veränderungen der Hirnsubstanz unter Bildung von Hohlräumen (Vakuolisierung). Histopathologisch entspricht BSE dem Erscheinungsbild anderer TSEs wie beispielsweise der allgemein bekannten Scrapie (engl. to scrape = kratzen) beim Schaf.

Als Ursache der BSE-Erkrankung bei Rindern wird die Verfütterung von nicht ausreichend erhitztem Tiermehl aus dem Fleisch Scrapie-infizierter Schafe angesehen. Zusätze tierischer Eiweiße und Fette im Milchaustauscherfutter von Kälbern werden darüber hinaus als Ursprung in Verbindung gebracht.
BSE weist lange Inkubationszeiten auf und betrifft nur erwachsene Tiere mit einem mittleren Alter von fünf Jahren. Auffällig sind Bewegungs- und Koordinationsschwierigkeiten (z.B. Ataxie), Verhaltensänderungen (Schreckhaftigkeit, Nervosität, Ängstlichkeit), überempfindliche Reaktionen auf Berührungen, Licht und Lärm sowie Gewichtsverlust und eine verminderte Milchproduktion. Da es für TSEs keine Behandlungsmöglichkeiten gibt, endet die Erkrankung bei Tieren in der Regel innerhalb weniger Monate tödlich, sobald sich erste Symptome bemerkbar machen. Beim Menschen können Erkrankungen ebenfalls innerhalb weniger Monate zum Tod führen oder sich auch prolongiert über mehrere Jahre erstrecken. Eine Vakzinierung ist nicht möglich, da es sich bei dem Erreger um ein Eiweiß handelt, welches keine spezifische Immunreaktion zur Folge hat.

Pathologische Prione, wie sie bei der erworbenen Form (vCJK) vorkommen, gelangen über die Nahrung des Menschen (z.B. durch den Verzehr von mit BSE infizierten Rindern oder Scrapie-befallenen Schafen) in den Darm. Prionen weisen eine hohe Resistenz gegenüber der Magensäure und Verdauungsenzymen auf. Die Symptome bei der varianten Form (vCJK) der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit treten bei jüngeren Menschen (<30 Jahre) deutlich häufiger auf im Gegensatz zur sporadischen Form (vereinzelt auftretend in 85% der Fälle) der Erkrankung. Die durchschnittliche Dauer der Erkrankung beträgt etwa 14 Monate.

Im Anfangsstadium zeigen sich in der Regel nur unspezifische Symptome (wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Depressionen), die im weiteren Verlauf mit neurologischen Ausfällen einhergehen (wie Persönlichkeitsveränderungen, Angst und erhöhte Schreckreaktionen, Sprachstörungen und dementieller Abbau) und in der Spätphase besonders durch eine progrediente Ataxie gekennzeichnet ist.

Innerhalb der Europäischen Union (EU) wird die Bekämpfung und Überwachung bestimmter Transmissibler Spongiformer Enzephalopathien (TSE) wie die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) durch die Verordnung (EG) 999/2001geregelt. Alle Risikotiere einer bestimmten Altersgruppe müssen in Deutschland einem Schnelltest zum Nachweis von PrPSc im Gehirn unterzogen werden. Es besteht ein Verfütterungsverbot von Futtermitteln an Wiederkäuer und andere Nutztiere, in denen verarbeitetes tierisches Protein enthalten ist.

Die in Deutschland im Jahr 1991 eingeführte Anzeigepflicht für BSE legt fest, dass bereits auf die Erkrankung hindeutende Anzeichen unverzüglich bei der zuständigen Veterinärbehörde angezeigt werden müssen. Der Verdacht auf humane spongiforme Enzephalopathien (außer familiär-hereditäre Formen) unterliegt in Deutschland nach § 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) der Meldepflicht.

Angesichts der engen Verbindung zwischen Menschen und Tieren ist es von Bedeutung, sich der vielfältigen Wege bewusst zu sein, auf denen Menschen sich mit Erregern von Zoonosekrankheiten infizieren können. 

Zoonose-Erreger können auf unterschiedlichen Wegen über die Umwelt, durch direkten Kontakt vom Tier (z.B. durch orale Aufnahme, Haut- oder Schleimhautkontakt, Inhalation, Bissverletzungen) oder indirekt über Vektoren (Arthropoden wie Stechmücken, Zecken oder Läuse) auf den Menschen übertragen werden. Auch lebensmittelbedingte Zoonosen, die durch den Verzehr kontaminierter tierischer (z.B. Fleisch, Milch, Eier) und pflanzlicher Nahrungsmittel oder Trinkwasser auftreten können, stellen eine mögliche Gefahr dar. 

Zoonosen sind nach der Art der Übertragung zu unterscheiden:

  • Direktzoonosen (Orthozoonosen) werden durch direkten Kontakt (z.B. über Speichel, Blut, Urin) oder einen mechanischen Vektor (z.B. Luft- und Tröpfcheninfektion) von Wirbeltier zu Wirbeltier übertragen.
  • Latente Zoonosen weisen asymptomatisch infizierte Wirbeltier-Zwischenwirte (z.B. Rinderbandwürmer) auf.
  • Saprozoonosen sind auf einen Wirbeltierwirt und ein nichttierisches Reservoir oder einen Ort in der Umwelt (z.B. Wasser, Boden oder abgestorbenes organisches Material) für die Entwicklung des Erregers angewiesen, von dem das Infektionsgeschehen ausgeht (z.B. Aspergillose, Kokzidioidomykose, Kryptokokkose, Histoplasmose).
  • Metazoonosen weisen verschiedene Wirtstypen (Wirbeltiere und Wirbellose) auf, bei denen Wirbellose (z.B. Zecken oder Mücken) als Zwischenwirte bzw. Vektoren für die Vermehrung und/oder Entwicklung des Erregers fungieren. Charakteristisch ist eine extrinsische Inkubationszeit vor der Übertragung auf einen anderen Wirbeltierwirt (z.B. Pest, Arbovirusinfektionen, Leishmaniose).
  • Zyklozoonosen zeichnen sich im Entwicklungszyklus des Erregers durch eine variable Anzahl von unterschiedlichen Wirten aus, wobei Zwischen- und Endwirte immer Wirbeltiere zur Vollendung des Lebenszyklus des Erregers sind. Zyklozoonosen werden weiter unterteilt in:
  • Obligatorische Zyklozoonosen, bei denen der Mensch als Wirt zwingend erforderlich ist, um den Übertragungszyklus fortzusetzen (z. B. Taeniasis).
  • Nicht-obligatorische Zyklozoonosen, bei denen der Mensch zufällig in den Übertragungszyklus des Erregers einbezogen ist (z. B. Hydatidose).

Die wissenschaftliche Fachwelt geht davon aus, dass mit der Zunahme von Zoonosen auch das Risiko für Pandemien steigt. Derzeit werden ca. fünf neue Zoonosen jährlich registriert, die das Potenzial einer pandemischen Entwicklung haben. Die Gründe für die fortschreitende Ausbreitung zoonotischer Pathogene sind vor allem auf menschliche Einflüsse zurückzuführen.

Der Eingriff des Menschen in die natürlichen Ökosysteme durch Landnutzungsänderungen (z.B. Ausbreitung der Städte und landwirtschaftlicher Nutzflächen, großflächige Rodung von Wäldern) führt zu einem Verlust der Biodiversität. Durch den Um- oder den Abbau von natürlichen Lebensräumen verlieren Wildtiere ihre Rückzugsgebiete und weichen folglich zunehmend auf von Menschen besiedelte Flächen aus. Eine Überschneidung der Lebensräume führt zu einem vermehrten Kontakt zwischen Menschen und Wildtieren, verbunden mit einem steigenden Risiko der Übertragung von zoonotischen Krankheitserregern.

Die Ausbreitung von Slums und unzureichende Schutzmaßnahmen bei der Wasserbevorratung in den Großstädten in weniger entwickelten Ländern begünstigen die Brutbedingungen für Vektoren (z.B. für Stechmücken, die Dengue-Viren übertragen).

Ein bedeutender Faktor für neu auftretende Infektionskrankheiten ist die zunehmende Industrialisierung von Tierhaltung und Tierzucht, verbunden mit dem weltweit steigenden Bedarf nach Fleisch und tierischen Produkten. Krankheitserreger, die teils multiresistent sind, können durch eine intensive Nutztierhaltung von Tieren auf Menschen überspringen und umgekehrt.
Schlechte Haltungsbedingungen und mangelndes Raumangebot in der Massentierhaltung, der Transport von beispielsweise Schlachttieren über weite Entfernungen als auch der großflächige Vertrieb tierischer Produkte fördern die Verbreitung von Zoonosen.

Ebenso zählen der Wildtierhandel, die Wildtierjagd, die Haltung exotischer Haustiere und eine intensive Wildtierhaltung (z.B. von Nagetieren, Pelzsäugetieren, Straußen) zu den häufigsten Schnittstellen zwischen Tier und Mensch für die Übertragung von Zoonosen auf den Menschen. Der (globale) Handel mit Wildtieren erweist sich als problematisch, denn beengte Transportbedingungen begünstigen die weitere Ausbreitung von Infektionskrankheiten. Auf Märkten, die Fleisch oder Nebenprodukte von Wildtieren anbieten, besteht aufgrund der Vielzahl neuer oder nicht erfasster Krankheitserreger in bestimmten Wildtierpopulationen ein besonders hohes Risiko. 

Die zunehmende Mobilität der Menschen (insbesondere Freizeitaktivitäten im Freien, Tourismus in entlegene Regionen und Tropen) führt dazu, dass sich Krankheitserreger in kurzer Zeit schnell über Länder und Kontinente ausbreiten und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen mit infizierten Tieren und Vektoren in Kontakt kommen.
Die geografische Verbreitung von Zoonosen wird maßgeblich durch klimatische und ökologische Faktoren beeinflusst, die die Lebensbedingungen für Tiere und Vektoren verbessern. Milder werdende Winter schaffen zum Beispiel bessere Voraussetzungen für Vektoren wie Zecken (Überträger von Borrelia burgdorferi und FSME-Virus) und Mücken.

Nicht zuletzt haben auch demografische Veränderungen in humanen Populationen (z.B. Verschiebung der Alterspyramide) einen Einfluss auf die erhöhte Empfänglichkeit und den Schweregrad der Erkrankung durch bestimmte Zoonoseerreger (z.B. Kryptosporidien).

Zoonosen entwickeln sich weltweit immer mehr zu einem Problem, das nicht nur Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat, sondern auch das Tierwohl und somit den landwirtschaftlichen Sektor und die Nahrungsmittelproduktion betrifft.

Die zoonotische Übertragung von Krankheitserregern vom Tier auf den Menschen wird als die Hauptursache für neu auftretende Infektionskrankheiten und die Ursache der jüngsten Pandemien angesehen. Dieses Spillover-Risiko, d.h. das Übertragen von Krankheitserregern unterschiedlicher Tierarten auf den Menschen und deren dortige Verbreitung, wird durch verschiedene Faktoren erhöht, die sich auf Art, Häufigkeit und Intensität des Kontakts zwischen Menschen und Wildtieren auswirken. 

Für Präventionsansätze ist das Wissen über die Schnittstelle Mensch-Tier-Umwelt und deren Veränderungen im Laufe der Zeit unerlässlich (z.B. in Bezug auf Landnutzungsänderungen, Jagd- oder Zuchtpraktiken, Anbaumethoden, Tierhandel, Lebensmittelhygiene sowie Entwicklungen in Infrastruktur und Industrie). Auch übergreifende Faktoren wie der Klimawandel, Ernährungssicherheit, die grundlegende Gesundheit von Menschen und Tieren, Tierschutzpraktiken, Armut und sozioökonomische Ungleichheiten sollten bei der Verhinderung eines Spillover Berücksichtigung finden. Entscheidend ist hierbei die Primärprävention im Bereich der öffentlichen Gesundheit, die sich im Rahmen des One-Health-Ansatzes an der Schnittstelle zwischen Menschen, Tieren und Umwelt mit den Faktoren der Krankheitsentstehung (ökologisch, meteorologisch, anthropogen) durch Zoonoseerreger und der Risikominimierung der Übertragung des Krankheitserregers auf den Menschen auseinandersetzt. Die entsprechenden Instrumente umfassen die biologische Überwachung natürlicher Wirte, des Menschen und der Umwelt, das Verständnis der Vielfalt, der Merkmale, der Verteilung und der Infektionsdynamik von Krankheitserregern sowie die Durchführung von Interventionsmaßnahmen. 

Das vorrangige Ziel der nachgelagerten Prävention bzw. Sekundärprävention besteht in der Abwehr und Reaktion, d.h. in der Eindämmung kleiner, lokal begrenzter Infektionsausbrüche bei Menschen, die sich zu einer Epidemie oder Pandemie entwickeln können, mittels Früherkennung, Durchführung von Hygienemaßnahmen, Verhaltensänderungen der Bevölkerung, verbesserte Gesundheitssysteme und Gesundheitsförderung, medikamentöse Behandlung sowie Impfstoffe.

Die Methoden zur Vorbeugung von Zoonosen variieren in Abhängigkeit von den Erregereigenschaften und ihrer Übertragungs- und Verbreitungswege.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt verschiedene als wirksam geltende übergreifende Maßnahmen zur Begrenzung der Ausbreitung von Zoonoseinfektionen an, die das Risiko einer Erkrankung auf gemeinschaftlicher Ebene und des Einzelnen verringern können:

  • Beachtung sicherer und angemessener Leitlinien für die Tierhaltung in der   Landwirtschaft, um dem Auftreten von lebensmittelbedingten Zoonosen         (durch Fleisch, Eier, Milchprodukte, einige Gemüsesorten) entgegenzuwirken
  • Standards für sauberes Trinkwasser, Abfallbeseitigung und Schutz von Oberflächenwasser in der natürlichen Umwelt
  • Kampagnen zur Aufklärung der Bevölkerung zur Förderung des Händewaschens nach dem Kontakt mit (infizierten) Tieren und andere angepasste Verhaltensmaßnahmen
  • Angemessener Einsatz von Antibiotika bei Tieren, die für die Lebensmittelerzeugung bestimmt sind, um das Potenzial arzneimittelresistenter Stämme von     Zoonoseerregern möglichst gering zu halten
  • Auf- und Ausbau von Frühwarnsystemen unter dem Gesichtspunkt des One- Health-Konzeptes
  • Intensive Forschungsarbeit für ein besseres Verständnis von Zoonoseereignissen und Entwicklung effektiver Bekämpfungsmöglichkeiten

Generelle Präventionsmaßnahmen sind die Einhaltung ausreichender Hygiene im Umgang mit rohen tierischen Produkten, die Vermeidung des Kontakts zu Wildtieren, Schutz vor Biss- oder Kratzwunden, Mücken- und Zeckenschutz, Schutz vor kontaminierten öffentlichen Flächen (z.B. auf Spielplätzen oder in Parks durch freilaufende Hunde oder Katzen) sowie die regelmäßige tierärztliche Untersuchung von Haustieren (u.a. Impfungen und Entwurmungen). 
Es besteht bei einigen Zoonose-Erregern die Möglichkeit einer Impfung (z.B. SARS-CoV-2). Manche Impfungen werden bei Reisen in Risikogebiete (z.B. Gelbfieber in Endemiegebieten) empfohlen. 

In Deutschland widmet sich seit 2006 die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen der Erforschung, Prävention und Bekämpfung bedeutender Zoonosen als interdisziplinäres Forschungsnetzwerk zwischen Human- und Veterinärmedizin. Die Forschungsplattform wurde Ende 2023 zur nationalen „One Health-Plattform“ weiterentwickelt, um wesentliche umweltrelevante Aspekte in den Fokus zoonotischer Erkrankungen einzubeziehen.

 

Die Richtlinie 2003/99/EG sowie die Verordnungen (EG) Nr. 2160/2003 und Nr. 2073/2005 stellen wesentliche Elemente zur Kontrolle zoonotischer Risiken entlang der Lebensmittelkette und bei durch Lebensmittel verursachten Infektionen dar.

Das System der Europäischen Union (EU) zur gemeinschaftlichen Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern, diesbezüglicher Antibiotikaresistenzen sowie die epidemiologische Untersuchung lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche basiert auf der Richtlinie 2003/99/EG vom 17. November 2003. Die EU-Mitgliedstaaten sind demnach verpflichtet, repräsentative und vergleichbare Daten zur Bewertung von Entwicklungstendenzen und Quellen von Erregern sowie Ausbrüche in ihrem Hoheitsgebiet gemäß Artikel 9 jährlich zu erfassen, auszuwerten und an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu übermitteln. Die Erhebungen sind umfassend harmonisiert und bieten vergleichbare Daten aus allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) über Tierpopulationen, Lebens- und Futtermittel sowie lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche beim Menschen für einen bestimmten Zeitpunkt. Diese umfassen sowohl Zoonosen mit Bedeutung für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Europäischen Union (EU) als auch solche, die auf der Grundlage der nationalen epidemiologischen Situation überwacht werden.

Die EFSA prüft die Daten, der auf Grundlage von den EU-Mitgliedstaaten vorgelegten nationalen Berichte („National Zoonoses Country Reports“), und erstellt in Zusammenarbeit mit dem ECDC (Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten) einen jährlich zusammenfassenden EU-Zoonosenbericht („EU One Health Zoonoses Summary Report“). Seit 2008 werden die Fallzahlen beim Menschen über das vom ECDC verwaltete Europäische Überwachungssystem (TESSy) erfasst.

Die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Erfassung, Auswertung und Veröffentlichung von Daten über das Auftreten von Zoonosen und Zoonoseerregern entlang der Lebensmittelkette (AVV Zoonosen Lebensmittelkette)“ regelt in Deutschland die Umsetzung der Anforderungen aus der Richtlinie 2003/99/EG in Bezug auf lebensmittelassoziierte Zoonosen. Sie dient als Grundlage für die Koordinierung, Durchführung und Berichterstattung für ein bundesweit einheitliches amtliches Zoonosen-Monitoring. Das Zoonosen-Monitoring umfasst die Sammlung, Auswertung und Veröffentlichung repräsentativer Daten über das Auftreten von Zoonoseerregern und damit verbundenen Antibiotikaresistenzen in Lebensmitteln, Futtermitteln und lebenden Tieren.

Mit der Einführung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 1. Januar 2001 werden in Deutschland die Prävention, Bekämpfung und Erfassung von Infektionskrankheiten beim Menschen geregelt, die auch meldepflichtige Zoonosen umfassen. 

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat die Aufgabe, die Meldedaten über Infektionen beim Menschen auf nationaler Ebene über ein Meldesystem zu erfassen, auszuwerten und zu analysieren. Daten über menschliche Erkrankungsfälle durch Zoonoseerreger werden gemäß der Richtlinie 2003/99/EG in die Berichterstattung an die EFSA aufgenommen. Das Gesetz legt im Einzelnen bestimmte Meldepflichten und Nachweise für Erreger im Verdachts-, Erkrankungs- oder Todesfall fest.

Im Interesse der Lebensmittelsicherheit sowie der öffentlichen Gesundheit legt die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 der Kommission vom 15. November 2005 mikrobiologische Kriterien zur Lebensmittelsicherheit (FSC) und Prozesshygiene (PHC) für relevante durch Lebensmittel übertragene Bakterien (z.B. PHC von 1.000 KbE/g Schlachtkörper von Masthähnchen bei  Campylobacter spp.) fest, die vom Lebensmittelunternehmer einzuhalten und bei Überschreitung gemäß der Durchführungsverordnung VO (EU) 2019/627 der Kommission vom 15. März 2019 an die EFSA zu übermitteln sind. Zudem müssen Abhilfemaßnahmen ergriffen werden, die eine Validierung und Überprüfung ihrer Verfahren für das Lebensmittelsicherheitsmanagement gemäß der HACCP-Grundsätze (Hazard Analysis and Critical Control Point) und anderer Hygienekontrollverfahren umfassen.

Zur Bekämpfung von Salmonellen und bestimmten anderen durch Lebensmittel übertragbaren Zoonoseerregern müssen nach der Verordnung (EG) Nr. 2160/2003 vom 17. November 2003 von den Mitgliedstaaten nationale Programme zur Verringerung der Prävalenz von Salmonella-Serovaren initiiert werden, die für die öffentliche Gesundheit relevante Tragweite besitzen. Des Weiteren werden Daten aus den koordinierten Salmonella-Überwachungsprogrammen beim Zuchtgeflügel (VO (EU) Nr. 200/2010), bei Legehennen (VO (EU) Nr. 517/2011), bei Masthähnchen (VO (EU) Nr. 200/2012) sowie bei Truthühnern (VO (EU) Nr. 1190/2012) an die EFSA übermittelt.

Darüber hinaus bilden das Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen und das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) weitere rechtliche Grundlagen. 

Die Richtlinie 2003/99/EG sieht vor, dass Daten zu Entwicklungstendenzen und Quellen von Zoonosen, Zoonoseerregern und diesbezügliche Antibiotikaresistenzen in einem jährlichen Bericht von den EU-Mitgliedstaaten zu bewerten und zu erfassen sind, der die häufigsten Zoonose-Infektionen beim Menschen verursacht.

Die nachfolgenden Zoonosen und Zoonoseerreger sind gemäß der Richtlinie 2003/99/EG (Anhang I, Liste A) obligatorisch jährlich überwachungspflichtig: 

  • Salmonellose und ihre Erreger
  • Campylobacteriose und ihre Erreger
  • Listeriose und ihre Erreger
  • Infektionen mit verotoxinbildenden enterohämorrhagischen Escherichia coli (VTEC/STEC/EHEC)
  • Tuberkulose (durch Mycobacterium bovis verursacht)
  • Brucellose und ihre Erreger
  • Trichinellose und ihre Erreger
  • Echinokokkose und ihre Erreger

Darüber hinaus werden Zoonosen und Zoonoseerreger angeführt (Anhang I, Liste B), die auf der Grundlage der epidemiologischen Situation in den Mitgliedstaaten überwachungspflichtig sind:

Virale Zoonosen

  • Calicivirus
  • Hepatitis-A-Virus
  • Influenzavirus
  • Tollwut
  • durch Arthropoden übertragene Viren

Bakterielle Zoonosen

  • Borreliose und ihre Erreger
  • Botulismus und seine Erreger
  • Leptospirose und ihre Erreger
  • Psittakose und ihre Erreger
  • Tuberkulose (durch andere Erreger als Mycobacterium bovis verursacht)
  • Vibriose und ihre Erreger
  • Yersiniose und ihre Erreger

Parasitäre Zoonosen

  • Anisakiasis und ihre Erreger
  • Kryptosporidiose und ihre Erreger
  • Zystizerkose und ihre Erreger
  • Toxoplasmose und ihre Erreger

Andere Zoonosen und Zoonoseerreger 

  • z.B. Francisella und Sarcocystis

Im Zoonosenbericht „One Health 2023“ der Europäischen Union (EU) waren lebensmittelbedingte Erkrankungen wie Campylobacteriose, Salmonellose, STEC-Infektionen, Yersiniose und Listeriose die am häufigsten gemeldeten Zoonosen beim Menschen. 

Es werden jährlich mehr als 350.000 lebensmittelbedingte Fälle beim Menschen in der Europäischen Union (EU) erfasst. 

Lebensmittelbedingte Zoonosen werden durch pathogene Mikroorganismen (Bakterien, Viren oder Parasiten) in kontaminierten Lebensmitteln oder Trinkwasser beim Verzehr auf den Menschen übertragen. Sie gelangen über den Magen-Darm-Trakt in den Körper und lösen dort häufig die ersten Symptome aus. Eine Vielzahl dieser Mikroorganismen ist häufig in den Eingeweiden gesunder Tiere, die zur Lebensmittelerzeugung genutzt werden, zu finden. Da die Gefahr einer Kontamination alle Stufen der Lebensmittelkette – vom Produzenten bis zum Verbraucher – betrifft, ist eine Prävention und Kontrolle entlang der gesamten Kette notwendig.

Im Jahr 2023 wurden insgesamt 5.691 lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche gemeldet, was im Vergleich zum Vorjahr einen leichten Rückgang darstellt. Allerdings nahm die Anzahl der beim Menschen aufgetretenen Infektionen, der Krankenhauseinweisungen und der Todesfälle zu, wobei die Zahl der Todesfälle den Höchststand seit zehn Jahren erreichte. Die häufigsten Auslöser waren Salmonella spp., Bacillus cereus-Toxine und das Norovirus. Im Vergleich zu 2022 nahm die Anzahl der von ihnen verursachten Ausbrüche zu.
 

Campylobacteriose

Die Campylobacteriose ist die bereits seit 2005 am häufigsten gemeldete Zoonose in der Europäischen Union (EU) und konnte 2023 erneut bestätigt werden. Ein Auftreten von Campylobacteriose wurde mit 58,9 % aller beim Menschen gemeldeten und bestätigten Fälle erfasst. In 23 EU-Mitgliedstaaten gilt für die Campylobacteriose eine obligatorische Überwachungspflicht.

Die EU-Mitgliedstaaten verzeichneten im Jahr 2023 insgesamt 148.181 bestätigte Fälle von Campylobacteriose beim Menschen, was einer Melderate von 45,7 Fällen pro 100.000 Einwohner in der Europäischen Union entspricht. Dies bedeutet einen Anstieg um 4,3 % gegenüber der Melderate im Jahr 2022 (43,8 Fälle pro 100.000 Einwohner). Untersuchungen von Proben zu Campylobacter spp. in verschiedenen getesteten Tierkategorien in der Europäischen Union wiesen überwiegend positive Ergebnisse bei Masthähnchen auf, gefolgt von Katzen und Hunden sowie Rindern. Wenngleich der Anteil untersuchter Proben bei Schweinen und kleinen Wiederkäuern geringer war, so zeigte sich dennoch ein höherer Anteil positiver Befunde.

Die Anwendung der Ganzgenomsequenzierung (engl. Whole Genome Sequencing, WGS) zur Typisierung von Campylobacter-Isolaten bei Menschen, Tieren und Lebensmitteln im Rahmen eines One-Health-Ansatzes wird zu einer besseren Speziescharakterisierung beitragen und die Überwachung der zoonotischen Übertragung verbessern, was wiederum die Überwachung der öffentlichen Gesundheit optimiert.

Die Campylobacteriose ist eine ansteckende bakterielle Durchfallerkrankung mit weltweitem Vorkommen, die in Europa vorwiegend in den Sommermonaten auftritt, wobei insbesondere Kleinkinder (< 5 Jahren) und jüngere Erwachsene (20-29 Jahre) von einer Infektion betroffen sind. Eine Übertragung des Erregers erfolgt meist vom Tier auf den Menschen, vielfach durch den Verzehr verunreinigter Lebensmittel.

Campylobacter-Bakterien zählen in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu den häufigsten Erregern von bakteriellen Darminfektionen. Sie sind vor allem im Verdauungstrakt von Tieren anzutreffen, meist ohne eine Erkrankung der Tiere hervorzurufen. Bei dieser asymptomatischen Infektion zeigen die Tiere selbst keine Krankheitssymptome, scheiden den Erreger jedoch mit dem Kot aus. Besonders hervorzuheben sind die Arten Campylobacter jejuni und Campylobacter coli, die in der Natur ubiquitär verbreitet sind, und ein breites Spektrum von Wild-, Haus- und Nutztieren, jedoch überwiegend Nutz- und Zuchtgeflügel sowie wildlebende Vögel, kolonisieren. 

Thermophile Campylobacter-Spezies wie C. jejuni und C. coli sind gramnegative und polar begeißelte Bakterien, die durch gekrümmte oder kommaförmige, mitunter spiralige Zellen, gekennzeichnet sind. Sie sind die bedeutendsten humanpathogenen Erreger-Arten, die eine Gastroenteritis verursachen können. In der Regel zeigen Camylobacter jejuni- und Campylobacter coli-Infektionen einen selbstlimitierenden Verlauf, der bei C. coli in 10% der Fälle zu Rezidiven neigt, häufig asymptomatisch ausgeprägt und vorwiegend mit einem akuten Abdomen sowie hohem Fieber bis 40 °C begleitet ist.

Eine Übertragung auf den Menschen erfolgt vor allem oral über tierische Lebensmittel wie beispielsweise nicht ausreichend erhitztes Geflügelfleisch und Geflügelprodukte, durch Kreuzkontamination über rohes Geflügelfleisch, den Verzehr von Rohmilch oder Rohmilchprodukten und Rohfleischerzeugnissen (z.B. Mett) sowie seltener durch unzureichend erhitztes Fleisch anderer Tierarten. 

Weiterhin besteht die Gefahr einer Übertragung von Campylobacter spp. auf den Menschen über Kotausscheidungen infizierter Nutz-, Wild- und Haustiere (z.B. Hunde und Katzen) und durch direkten Tierkontakt (z.B. Streichelzoo) mit infizierten Tieren. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist über fäkal-orale Schmierinfektionen ebenfalls möglich. Auch kontaminiertes Trink- und Oberflächenwasser kann zu einer Campylobacter-Erkrankung führen. In der Regel manifestieren sich symptomatische Infektionen einer akuten Enteritis nach einer Inkubationszeit von 2-5 Tagen und unspezifischen Anzeichen (Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber) in der Folge mit starken Abdominalschmerzen und wässrigem, gelegentlich blutigem Durchfall. Generell sind Säuglinge, Kleinkinder, Senioren und immunsupprimierte Patienten besonders gefährdet, bei denen es zu generalisierten Verläufen mit Meningitis, Peritonitis und Sepsis kommen kann. Bei einem geringen Anteil betroffener Patienten entwickelt sich in der Folge einer Campylobacter-Enteritis mit einer mehrwöchigen Latenzzeit eine reaktive Arthritis. 

Präventive Maßnahmen zur Vorbeugung von Campylobacter-Infektionen sind der hygienische Umgang und die erforderliche richtige Zubereitung mit potentiell verunreinigten Lebensmitteln (Durchgaren von Geflügelfleisch vor dem Verzehr, Händewaschen vor und nach der Zubereitung des Lebensmittels, Messer- und Schneidebrettwechsel bzw. gründliches Reinigen unter heißem Wasser). Es besteht namentliche Meldepflicht für den direkten oder indirekten Nachweis von Campylobacter sp. bei Hinweis auf eine akute Infektion nach § 7 Infektionsschutzgesetz (IfSG). 
 

Salmonellose

Im Jahr 2023 war die Anzahl der in der EU gemeldeten Salmonellosefälle beim Menschen, die durch Infektionen im Inland und Reisen innerhalb der EU erworben wurden, die Anzahl der ausbruchsbedingten Fälle sowie die Gesamtzahl der lebensmittelbedingten Salmonelloseausbrüche höher als im Jahr 2022.
In der Europäischen Union war die Salmonellose nach Campylobacteriose in 2023 die zweithäufigste gemeldete lebensmittelbedingte gastrointestinale Infektion beim Menschen. Die Salmonellose ist eine durch Bakterien der Gattung Salmonella verursachte Darmerkrankung, deren Erreger sich im Magen-Darm-Trakt von Menschen und Tieren vermehren können. 

Salmonellen sind weltweit bei vielen warm- und kaltblütigen Tieren verbreitet und haben in vielen Teilen der Welt eine große Bedeutung als eine der wichtigsten bakteriellen Durchfallerreger des Menschen. Es sind über 2.600 verschiedene Serovare bekannt, von denen die meisten bei Menschen und bei allen Tierarten vorkommen können. Darunter gibt es einige wirtsspezifische Erreger, die beispielsweise nur bei Hühnern oder Rindern nachgewiesen werden. Bei Infektionsausbrüchen treten häufig die Varianten S. Enteritidis und S. Typhimurium auf. Da Tiere asymptomatisch infiziert sein können, besteht die Gefahr einer Kontamination mit Salmonellen über die gesamte Lebensmittelkette von der Primärproduktion bis hin zum Verbraucher bei der Zubereitung. 

Es handelt sich typischerweise um eine klassische Lebensmittelinfektion, bei der die Krankheitserreger durch kontaminierte Lebensmittel hauptsächlich über unzureichend erhitztes oder rohes Fleisch (insbesondere Hackfleisch und Rohwürste), (Geflügel-) Fleischprodukte, Rohmilch, Eier und eihaltige Nahrungsmittel (z.B. Mayonnaise oder Speiseeis) auf den Menschen übertragen werden. Fetthaltige Nahrungsmittel (z.B. Schokolade) und zunehmend auch pflanzliche Lebensmittel (z.B. nicht erhitzte Sprossen) können Auslöser von Salmonellen-Infektionen sein. 

Im Allgemeinen tritt die Erkrankung 6 bis 72 Stunden (in der Regel 12 bis 36 Stunden) nach dem Verzehr kontaminierter Lebensmittel auf. Typische Symptome einer Salmonellose sind Durchfall und Bauchschmerzen, teilweise mit Fieber, Übelkeit und Erbrechen. Besonders gefährdet sind Säuglinge, Kleinkinder, ältere oder abwehrgeschwächte Menschen. Bei unzureichender Hygiene sind auch Schmierinfektionen von Mensch zu Mensch möglich. Sehr selten erfolgen Ansteckungen über den direkten Tierkontakt, stellen jedoch insbesondere bei der Haltung von Reptilien (wie z.B. Schlangen, Geckos oder Schildkröten) im Haushalt ein besonderes Infektionsrisiko für Säuglinge und Kleinkinder dar, die sich über den direkten Tierkontakt oder indirekt über kontaminierte Flächen oder Gegenstände infizieren können.

Gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) §7 Abs. 1 besteht für den direkten oder indirekten Nachweis von Salmonella-Serovaren bei Hinweis auf eine akute Infektion eine namentliche Meldepflicht. Salmonella konnte im Jahr 2023 in der Europäischen Union unter den FBOs als der Erreger mit der größten Zahl von Krankenhausaufenthalten und Todesfällen in Verbindung gebracht werden. 

2023 wurden in der Europäischen Union 77.486 bestätigte Salmonellose-Fälle beim Menschen registriert. Dies entspricht einer Melderate von 18,0 Fällen pro 100.000 Einwohner. Im Vergleich zur Rate des Jahres 2022 (15,4 Fälle pro 100.000 Einwohner) lässt sich ein Anstieg um 16,9 % verzeichnen.

Die fünf bedeutendsten Salmonella-Serovare in der Europäischen Union, die an Infektionen beim Menschen beteiligt waren, verteilen sich wie folgt:

S. Enteritidis (70,8 %), S. Typhimurium (8,9 %), monophasisches S. Typhimurium (5,1 %), S. Infantis (2,0 %) und S. Coeln (0,77 %).

Die Serovare S.Enteritidis, S. Typhimurium und monophasisches S. Typhimurium waren für 84,8% der in der Europäischen Union erworbenen Fälle beim Menschen im Jahr 2023 verantwortlich.

Überwachungskonzepte, die sich von der Primärproduktion über die gesamte Lebensmittelkette erstrecken, sind bei Salmonellen synergetisch.
Entscheidende Präventionsmaßnahmen bestehen in der Beachtung der Hygienevorschriften und Empfehlungen während der Herstellung, Zubereitung und Lagerung bis zum Verzehr. Da sich Salmonellen vor allem bei Temperaturen zwischen 10°C und 47°C vermehren und mehrere Monate in und auf Lebensmitteln überleben können, ist es wichtig, für eine durchgehende Kühlung entlang der gesamten Lebensmittelkette zu sorgen.


Infektionen durch enterohämorrhagische (Shigatoxin-bildende) Escherichia coli (EHEC/STEC)

STEC-Infektionen (Shigatoxin-produzierende Escherichia coli) gehören zu den am dritthäufigsten gemeldeten lebensmittelbedingten Magen-Darm-Erkrankungen beim Menschen in der Europäischen Union (EU). Im Jahr 2023 wurden in der Europäischen Union insgesamt 10.217 bestätigte STEC-Infektionen beim Menschen registriert, was einer Melderate von 3,1 Fällen pro 100.000 Einwohner entspricht. Im Vergleich zu 2022 (2,4 Fälle pro 100.000 Einwohner) entsprach dies einem Anstieg um 30,0 %. Die bestätigten STEC-Fälle zeigen einen stabilen, ausgeprägten saisonalen Trend mit überwiegenden Meldungen in den Sommermonaten.

Bereits in den 1920er Jahren ist Escherichia coli als bedeutender Erreger bakterieller Infektionskrankheiten bekannt geworden. Im Jahr 2011 kam es in Deutschland und in Frankreich in der Region Bordeaux zu einem Ausbruch von Shigatoxin produzierenden Escherichia coli (STEC). 

Escherichia coli (E.coli), die der Familie der Enterobacteriaceae angehören, sind gramnegative, fakultativ anaerobe, nicht sporenbildende, meist bewegliche stäbchenförmige Bakterien, die als apathogene Kommensalen die Darmflora des Menschen, der meisten warmblütigen Säugetiere und vieler Vögel besiedeln. Es gibt verschiedene Formen von Escherichia coli-Stämmen, zum einen fakultativ pathogene 

E. coli, die bei geschwächtem Immunstatus ihres Wirts, zu Infektionen bei Menschen (z.B. Pneumonien, Peritonitis) und Tieren führen können, zum anderen obligat pathogene E. coli, die wiederum in intestinal pathogene Escherichia coli (IPEC) unterteilt werden, die Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes verursachen sowie extraintestinal pathogene Escherichia coli (ExPEC), die zu Erkrankungen außerhalb des Gastrointestinaltraktes führen.

Intestinale pathogene Escherichia coli (IPEC) werden weiterhin in Enterotoxische Escherichia coli (ETEC), Enteropathogene Escherichia coli (EPEC), Enteroinvasive Escherichia coli (EIEC) und enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) unterteilt.

Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) bezeichnen eine bestimmte Bakterienart, die mit einem hohen Risiko für die menschliche Gesundheit verbunden ist, da sie die grundsätzliche Eigenschaft besitzt, ein zytotoxisch wirkendes bakterielles Exotoxin, das als Shigatoxin (Stx) bekannt ist, zu bilden. Das als Translationshemmer wirkende Shigatoxin wird von Shigella dysenteriae und enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC), dem Verursacher der Escherichia coli-Enteritis, gebildet. Die Begriffe Shiga-like-Toxin (SLT), bedingt durch die ähnliche Struktur des Toxins von Shigella dysenteriae, und Verotoxin (VT), dessen Wirksamkeit in Vero-Zellen der grünen Meerkatze nachgewiesen wurde, sind ebenso synonym gebräuchlich. Zusammengefasst werden sie unter den Begriffen Shigatoxin- bzw. Verotoxin bildende/produzierende E. coli (STEC bzw.VTEC), die in der Vergangenheit für schwerwiegende Erkrankungen des Menschen (hämorrhagische Kolitis und hämolytisch-urämisches Syndrom-HUS) verantwortlich waren. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) ordnet jene STEC als enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) ein, die ein humanpathogenes Potenzial aufweisen. Sie werden entsprechend ihrer spezifischen Oberflächenantigenstruktur in unterschiedliche Serogruppen eingeteilt (O-Antigene, H-Antigene und K-Antigene). Die weltweit größte Bedeutung hat die EHEC-Serogruppe O157, die am häufigsten mit schweren Krankheitsverläufen und Ausbrüchen in Verbindung gebracht wird. 

Darüber hinaus weisen viele EHEC-Stämme bestimmte sogenannte Pathogenitätsinseln (Locus of Enterocyte Effacement, LEE) auf, die virulenzverstärkend wirken können.

STEC/EHEC-Infektionen werden weltweit verzeichnet, insbesondere in Ländern mit industrialisierter Nutztierhaltung. Als Hauptreservoir und -infektionsquelle für EHEC-Erreger gelten Wiederkäuer (Rinder, Schafe und Ziegen), selten Schweine und Wildwiederkäuer (Rehe und Hirsche), die die EHEC-Keime über den Kot ausscheiden und in die Umwelt verbreiten. Erkrankte Tiere zeigen in der Regel keine Krankheitssymptome. Bei Rindern sind bereits im Kälberalter nur geringe Dosen des EHEC-Erregers erforderlich, um eine Infektion zu verursachen, die zu einer dauerhaften Besiedelung des Darms führt und monatelange Ausscheidungen des Erregers zur Folge hat. 

Die Übertragungswege von STEC/EHEC-Infektionen können vielfältiger Natur sein und erfolgen beim Menschen über den Verzehr kontaminierter tierischer Lebensmittel (z.B. unzureichend gegartes Rindfleisch, Rohmilch und Rohmilchprodukte bzw. pasteurisierte Milch, streichfähige Rohwürste wie Teewurst), verunreinigte kalt gepresste Fruchtsäfte (z.B. Apfelsaft) oder auch roh verzehrtes kontaminiertes grünes Blattgemüse (z.B. Spinat, Sprossen, Blattsalate, Tomaten). Bei der Zubereitung von Speisen sind auch Kreuzkontaminationen möglich. Weitere mögliche Infektionsquellen stellen mit durch Erreger aus Rinderkot und Rindergülle behaftete Weide- und Anbauflächen dar, da die STEC/EHEC-Stämme über mehrere Wochen im Boden überdauern können, wo sie in anliegende Badegewässer bzw. in das Trinkwasser (Brunnenanlagen) gelangen können.

Daneben besteht ebenso ein Infektionsrisiko durch den direkten engen Kontakt zu Wiederkäuern (z.B. beim Besuch landwirtschaftlicher Betriebe und Streichelzoos) ohne entsprechende Hygienemaßnahmen durch gründliches Waschen der Hände im Anschluss. Die fäkal-orale Mensch-zu-Mensch-Übertragung spielt bei Schmierinfektionen eine nicht zu unterschätzende Rolle, vor allem in Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Seniorenheime oder Kindertagesstätten). EHEC-Stämme können, bedingt durch ihre hohe Säureresistenz, den Magentrakt leicht überwinden, sich in den unteren Darmabschnitten ansiedeln und das Shigatoxin freisetzen. In der Regel beträgt die Inkubationszeit etwa 2-10 Tage, wobei meist von 3-4 Tagen auszugehen ist (basierend auf Untersuchungsergebnissen zu EHEC der Serogruppe O157). Es zeigen sich unterschiedliche klinische Verläufe einer Escherichia coli-Enteritis, die auch asymptomatisch sein können. Anderenfalls ist in der Mehrzahl der manifesten Fälle zu Beginn der Erkrankung häufig ein wässriger Durchfall zu beobachten, der von Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen begleitet sein kann. In 10 - 20% der Fälle kommt es zu schwerwiegenden Verläufen durch die Entwicklung einer hämorrhagischen Kolitis mit krampfartigen Abdominalschmerzen und blutigen Durchfällen.

EHEC-Infektionen können besonders bei Kindern zum hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) führen, das durch hämolytische Anämie, Thrombozytopenie und Nierenversagen bis zur Anurie lebensbedrohlich werden kann. HUS gilt insbesondere bei Kindern (< 5 Jahren) als häufigste Ursache für akutes Nierenversagen.

EHEC-Stämme können in Fleischprodukten durch Erhitzen (Kochen, Pasteurisieren, Braten) bei einer Temperatur von mindestens 70 °C im Kern des Lebensmittels neutralisiert werden. Durch einen adäquaten Umgang mit Lebensmitteln und Beachtung von Hygienemaßnahmen im privaten und öffentlichen Bereich können EHEC-Infektionen vermieden werden.

In Deutschland besteht nach § 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine namentliche Meldepflicht bei Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod an hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS). Darüber hinaus ist nach § 7 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis von EHEC-Stämmen, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, ebenfalls namentlich zu melden. 
 

Yersiniose 

Yersinien in Tierpopulationen und Lebensmitteln gehören zu den Erregern, deren Überwachung innerhalb der Europäischen Union (EU) nach der Richtlinie 2003/99/EG der jeweiligen epidemiologischen Situation entsprechend erfolgen muss. Bislang gibt es in der EU keinen harmonisierten Überwachungsrahmen für Yersinien in Lebensmitteln und Tieren, sodass die der EFSA von den Mitgliedstaaten übermittelten Daten für eine abschätzende Trendanalyse nicht geeignet sind und nur deskriptiv zusammenfassend Anwendung finden.

Die Yersiniose war im Jahr 2023 mit 8738 bestätigten Fällen die am vierthäufigsten gemeldete gastrointestinale Infektion beim Menschen in der Europäischen Union (EU), wobei ein Anstieg der Melderate von 13,5% gegenüber 2022 (2,2 Fälle pro 100.000 Einwohner) zu beobachten ist. In den vergangenen zehn Jahren war dies die höchste Fallzahl und die höchste Melderate auf EU-Ebene. Dabei konnte in der überwiegenden Anzahl (97,7%) der gemeldeten Fälle beim Menschen ein Vorkommen der Spezies Yersinia enterocolitica im Vergleich zu Yersinia pseudotuberculosis (2,3%) verzeichnet werden.

Die Yersiniose bezeichnet eine Erkrankung, die beim Menschen durch die Bakterienspezies Yersinia pestis, Yersinia enterolitica und Yersinia pseudotuberculosis der Gattung Yersinia, Infektionen hervorrufen kann, wobei Yersinia pestis seit Anfang des 20. Jahrhunderts als Seuchenerreger weltweit eine untergeordnete Rolle und in Europa keine medizinische Bedeutung mehr hat.

Eine zunehmende Bedeutung haben seit den 1950er Jahren hingegen Y. enterocolitica und Y. pseudotuberculosis der Ordnung Enterobacterales als Auslöser von Magen-Darm-Infektionen, die durch die Aufnahme kontaminierter Nahrung übertragen werden. In Deutschland treten übermittelte Yersiniosen (ca. 98%) als sporadische Fälle auf. Mit dem Inkrafttreten des „Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten“ am 24. Juli 2017 ist ein Nachweis aller darmpathogenen Yersinien-Spezies, Y. enterocolitica und Y. pseudotuberculosis, entsprechend IfSG meldepflichtig. Bei akuter Infektion muss der direkte oder indirekte Nachweis von darmpathogenen Yersinia spp. namentlich gemeldet werden.

Yersinia enterocolitica tritt weltweit in gemäßigten bis kühleren Klimaregionen auf. Der gramnegative stäbchenförmige, fakultativ anaerobe Erreger findet sich im Gastrointestinaltrakt von Nutztieren, insbesondere bei Schweinen, seltener auch bei Rindern, Schafen, Ziegen und Hunden. Infektionsquellen für den Menschen sind hauptsächlich lebensmittelbedingt durch den Verzehr von rohem bzw. unzureichend erhitztem Schweinefleisch, Hygienemängel bei der Zubereitung von Schweinehackfleisch im Haushalt, Rohmilch oder verunreinigtes Wasser, Salat und andere pflanzliche Lebensmittel, die vor dem Verzehr nicht erhitzt werden. Yersinien können sich selbst bei niedrigen Umgebungstemperaturen (Kühlschranktemperaturen von 4-8°C) vermehren. Präventionsmaßnahmen bestehen insbesondere im Durchgaren von (Schweine-) fleisch und Beachtung von Hygienemaßnahmen bei der Speisenzubereitung zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen. 

Im europäischen Raum werden die Serovare O:3, O:5,27, O:8 und O:9 am häufigsten in Patientenisolaten nachgewiesen. 

Die sehr heterogene Spezies Y. enterocolitica wird in verschiedene Biovare und Serovare unterteilt. In Europa und Deutschland sind die häufigsten Erreger der Yersiniose die Y.enterocolitica-Stämme des Bioserovars 4/O:3 (90%) und des Bioserovars 2/O:9 (7%). Das bedeutendste Tierreservoir für die humanpathogenen Y. enterocolitica-Bakterien einschließlich des Erregers Y. enterocolitica Bioserotyp 4/O:3 sind Schweine (Haus- und Wildschweine), bei denen die Infektion asymptomatisch verläuft. Da die Tonsillen hohe Keimzahlen aufweisen können, kann es während des Schlachtvorgangs zu einer Kontamination der Schlachtkörper kommen.

Y. pseudotuberculosis sind bewegliche, gramnegative Stäbchenbakterien, die in der Umwelt als obligat pathogene Erreger weit verbreitet sind und überwiegend aus verschiedenen Vögeln und Wildtieren, z.B. Nagern und anderen Kleinsäugern, isoliert wurden. Innerhalb der Spezies Y. pseudotuberculosis, die vorwiegend in Osteuropa und Russland vorkommt, werden gegenwärtig 21 humanpathogene verschiedene Serotypen und Subtypen unterschieden, die neben Y. pseudotuberculosis sensu stricto auch die neueren Spezies Y. similis und Y. wautersii umfasst, deren Humanpathogenität noch weitestgehend unbekannt ist.

Yersiniosen sind durch unterschiedliche Verlaufsformen gekennzeichnet, die in Abhängigkeit zum Erkrankungsalter und dem Abwehrzustand des Patienten stehen. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel ca. 10 Tage. In der Mehrzahl der Fälle, die hauptsächlich durch Yersinia enterocolitica hervorgerufen wird, zeigen sich Symptome einer Enterokolitis mit Durchfall, Bauchschmerzen und Fieber. Bei Kleinkindern kommt es nach einer Infektion in der Regel zu einer selbstlimitierenden Magen-Darm-Entzündung (Gastroenteritis), während sich eine Infektion mit Y. pseudotuberculosis besonders bei älteren Kindern und Jugendlichen mit einer mesenterischen Lymphadenitis (Schwellung der Lymphknoten) mit unspezifischen Bauchschmerzen bemerkbar macht. Die klinische Symptomatik ähnelt einer akuten Appendizitis (Pseudoappendizitis). Erwachsene können auch Rachenentzündungen mit grippalen Symptomen aufweisen. Bei bestehenden Grunderkrankungen besteht die Gefahr des Auftretens von Leberabszessen und Entzündungen von Pleura und Perikard etc. Zu den weiteren Folgeerkrankungen zählen reaktive Arthritis, Erythema nodosum und das Reizdarmsyndrom.
 

Listeriose 

Die Listeriose wurde im Jahr 2023 als fünfthäufigste beim Menschen gemeldete Zoonose erfasst und stellte aufgrund der hohen Zahl an Krankenhausaufenthalten sowie der erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsraten, insbesondere bei älteren Menschen, eine der schwerwiegendsten durch Lebensmittel verursachten Erkrankungen im Rahmen der EU-Überwachung dar.

Die Überwachung von Listeriose beim Menschen in der Europäischen Union (EU) konzentriert sich auf invasive Infektionen mit L. monocytogenes, die sich in der Regel als Septikämie, grippeähnlichen Symptomen, Meningitis oder Spontanabort manifestieren, vor allem bei empfänglichen Bevölkerungsgruppen (Ältere über 65 Jahre, immungeschwächte Menschen, Schwangere und Neugeborene). 

Im Jahr 2023 wurden 2952 bestätigte Listeriosefälle beim Menschen registriert, was einer EU-Melderate von 0,66 pro 100.000 Einwohner entspricht und einen Anstieg der Melderate um 5,8 % im Vergleich zu 2022 (0,63 Fälle pro 100.000 Einwohner) bedeutet. Es handelte sich um die höchste Melderate und die höchste Fallzahl, die seit 2007 im Rahmen der europaweiten Überwachung in der EU gemeldet wurden.

Eine Listeriose-Erkrankung wird sowohl bei Menschen als auch bei Tieren größtenteils durch eine Infektion mit L. monocytogenes verursacht. Obwohl Listeriosen seltener als andere lebensmittelbedingte Zoonosen auftreten, verlaufen sie beim Menschen oft schwerwiegend, sodass eine stationäre Behandlung notwendig wird und die Sterblichkeitsrate hoch ist. Der Schweregrad der Infektion und die Infektionsdosis sind in besonderem Maße vom Allgemeinzustand der betroffenen Personen abhängig, wobei die Symptome erheblich variieren und bei gesunden Erwachsenen symptomlos oder mit leichten, grippeähnlichen Beschwerden (teils mit Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) begleitet sein können bis hin zu potentiell lebensbedrohlichen Komplikationen (Sepsis und Meningoenzephalitis), die bei Menschen mit geschwächter Immunabwehr (z.B. HIV-Patienten) tödlich verlaufen können. Die Inkubationszeit variiert zwischen 3 bis 70 Tagen. 

Besonders gefährdet sind Schwangere, da die Erkrankung Fehl- oder Frühgeburten (konnatale Listeriose) und Totgeburten zur Folge haben kann und weiterhin die Entstehung einer Neugeborenenlisteriose verursachen kann. 

Listeria-Spezies, insbesondere die bedeutendste humanpathogene invasive Spezies Listeria monocytogenes, sind aufgrund ihrer guten Anpassungsfähigkeit an jeweilige Umweltbedingungen ubiquitär verbreitet und haben ihr Reservoir insbesondere im Erdboden, in Oberflächengewässern, Abwässern, auf Pflanzen und im Verdauungstrakt von Tieren. Im landwirtschaftlichen Bereich sind sie häufig im Tierfutter, vor allem in verdorbener Silage, vorhanden. Listerien sind sehr tolerant gegenüber Hitze, Kälte (Vermehrung ist bei Temperaturen zwischen -0,4°C und 45°C möglich, auch bei Kühlschranktemperaturen, jedoch abhängig von anderen Faktoren des Milieus wie z.B. Bacteriocin-produzierenden Laktobazillen), pH-Wert-Schwankungen (4,5 bis 9), Trockenheit und hohen Salzkonzentrationen (bis zu 10%). Temperaturen im Bereich von 30-39°C sowie neutrale bis leicht alkalische pH-Werte bieten optimale Wachstumsbedingungen für Listerien. 

Die Gattung Listeria umfasst grampositive, bewegliche, fakultativ anaerobe, nicht sporenbildende, kurze Stäbchenbakterien der Familie Listeriaceae. Es existieren verschiedene Listeria-Spezies, von denen L. monocytogenes die wichtigste humanpathogene Bedeutung besitzt. Nur in wenigen Fällen wurde über Krankheiten des Menschen im Zusammenhang mit L. ivanovii und L. seeligeri berichtet. Als nicht pathogen eingestuft werden L. innocua, L. welshimeri und L. murrayi (Syn. L. grayi). Für die Spezies L. rocourtiae sind bisher noch keine Hinweise auf Humanpathogenität vorhanden.

Es gibt 13 Serovare der Spezies Listeria monocytogenes, von denen nur die Serovare 4b, 1/2a und 1/2b mit Infektionen des Menschen assoziiert werden.

Eine Infektion des Menschen durch L. monocytogenes wird hauptsächlich durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel tierischer Herkunft (Geflügel, Rohwurstprodukte, rohes Hackfleisch, Rohmilch und Rohmilchprodukte, (Weich-)Käse, Räucherfisch, Muscheln) und auch pflanzlichen Lebensmitteln (Salate, Mais) verursacht. Eine Verunreinigung tierischer Nahrungsmittel kann bereits z.B. beim Melken und beim Schlachtvorgang oder bei pflanzlichen Lebensmitteln durch eine organische Düngung (Jauche, Mist) hervorgerufen werden. Häufig werden L. monocytogenes in lebensmittelverarbeitenden Betrieben während des Verarbeitungsprozesses eingetragen und können zu einer Rekontamination auch derjenigen Lebensmittel führen, die einer keimabtötenden Behandlung (z.B. Hitzebehandlung) unterzogen wurden. 

Um dem Auftreten von Listeriosen entgegenzuwirken, ist die Beachtung einer guten Herstellungs- und Hygienepraxis sowie wirksame Temperaturkontrollen entlang der gesamten Lebensmittelkette bis zum Verbraucher essentiell. Ein potenzielles Risiko stellen insbesondere vakuumverpackte Lebensmittel dar, die zügig nach dem Einkauf und weit vor dem Ablauf des angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatums verzehrt werden sollten, da eine längerfristige Lagerung im Kühlschrank die selektive Vermehrung von Listerien begünstigen kann. Die Erreger lassen sich durch Kochen und Braten im Haushalt bei Temperaturen von über 70°C im Kern des Lebensmittels abtöten.

Bei Hinweis auf eine akute Infektion besteht nach § 7 Abs.1 Nr. 29 Infektionsschutzgesetz (IfSG) für den direkten Nachweis von Listeria monocytogenes aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Substraten sowie aus Abstrichen von Neugeborenen eine namentliche Meldepflicht.