Zulassung von Tierarzneimitteln

Zulassungsverfahren für Tierarzneimittel und veterinärmedizintechnische Produkte

Tierarzneimittel und veterinärmedizinische Produkte unterliegen in ihrer Entwicklung, Zulassung und Vermarktung strengen gesetzlichen Vorschriften. Diese sorgen dafür, dass die Produkte verfügbar und gleichzeitig sicher und qualitativ hochwertig sind – für Tier, Mensch und Umwelt. 

Die Zulassungspflicht durch die Bundesoberbehörde nach dem Tierarzneimittelgesetz (TAMG ) stellt die Überprüfung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Tierarzneimittels sicher. In Deutschland sind das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) für Pharmazeutika und das Paul Ehrlich-Institut (PEI) für Tierimpfstoffe die hierfür zuständigen Bundesoberbehörden. Die Beurteilung der Umweltverträglichkeit erfolgt im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt (UBA).

Es gibt im Veterinärbereich vier unterschiedliche Zulassungsverfahren:

  1. Zentrale Zulassungsverfahren
  2. Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (MRP)
  3. Dezentralisierte Verfahren (DCP)
  4. Nationale Zulassung

Das zentrale Zulassungsverfahren wird über die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) koordiniert. Nach Abschluss des Verfahrens sind zentralisierte Zulassungen in der gesamten EU gültig. Der Antrag wird vom Wissenschaftlichen Ausschuss für Tierarzneimittel (CVMP) der EMA bearbeitet, in dem jeder Mitgliedstaat einen Vertreter hat. Ein vom Ausschuss bestimmter Rapporteur und Co-Rapporteur sind federführend für die Bearbeitung des Antrags zuständig. 

Das zentrale Zulassungsverfahren ist verpflichtend für neue Stoffe, die mit bestimmten biotechnologischen Verfahren hergestellt werden. Nach der Verordnung (EU) 2019/6 ist das zentrale Verfahren auch verpflichtend für Tierarzneimittel, die hauptsächlich als Leistungssteigerungsmittel zur Förderung des Wachstums oder zur Erhöhung der Ertragsleistung behandelter Tiere vorgesehen sind. Weiterhin gilt die Verpflichtung für Tierarzneimittel mit einem Wirkstoff, der zum Zeitpunkt des Einreichens des Antrags in der EU nicht als Tierarzneimittel zugelassen war. Auch für biologische Tierarzneimittel, die künstlich hergestellte allogene Gewebe oder Zellen enthalten oder aus diesen bestehen, sowie für Tierarzneimittel für neuartige Therapien, wie zum Beispiel Präparate mit Bakteriophagen, gilt diese Verpflichtung. Es gibt auch nach der Tierarzneimittelverordnung eine Öffnung zur Nutzung des zentralen Verfahrens für alle anderen als die in Artikel 42 genannten Tierarzneimittel, wenn für das betreffende Arzneimittel bisher in der EU keine andere Zulassung erteilt wurde.

Nach positivem Abschluss des Verfahrens im CVMP der EMA wird die Zulassung, die dann in allen EU-Mitgliedstaaten gültig ist, von der EU-Kommission in Brüssel formal erteilt.

Beim Verfahren der gegenseitigen Anerkennung, auch Mutual Recognition Procedure (MRP) genannt, wird die in einem Mitgliedstaat der EU schon erteilte Zulassung für ein Tierarzneimittel, in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten anerkannt, wenn nicht schwerwiegende Risiken dagegensprechen. Diese Anerkennung erfolgt auf der Grundlage eines Bewertungsberichtes, den der Staat erstellt, in dem die ursprüngliche Zulassung erteilt wurde. Dieser Staat wird als Referenzstaat (RMS) bezeichnet. Nachdem die Zulassung im Rahmen des Verfahrens anerkannt wurde, erstellen die Zulassungsbehörden der involvierten Mitgliedstaaten (CMS) nationale Zulassungsbescheide.

Beim dezentralisierten Verfahren, auch „ decentralised procedure“ (DCP) genannt, bedarf es keiner vorherigen nationalen Zulassung. Der pharmazeutische Unternehmer beantragt gleichzeitig die Zulassung in den von ihm gewünschten Mitgliedstaaten der EU. Ein vom Antragsteller gewählter Mitgliedsstaat übernimmt als sogenannter Referenzstaat die Federführung des Verfahrens. Auch in diesem Verfahren erteilen nach Abschluss die nationalen Zulassungsbehörden die Zulassungsbescheide.

MRP und DCP werden auf EU Ebene in der Koordinierungsgruppe (CMDv) bearbeitet, einem Gremium, in dem Vertreter aller Mitgliedstaaten mitarbeiten.

Die nationale Zulassung eines Tierarzneimittels erfolgt hierzulande auf der Grundlage des deutschen Tierarzneimittelgesetzes (TAMG) und ist sinnvoll für Präparate, die nur in Deutschland in Verkehr gebracht werden sollen. Der Antragsteller muss innerhalb der EU niedergelassen sein. Es ist eine Dokumentation vorzulegen, die Nachweise über die pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Präparates für Zieltiere, Anwender und Umwelt enthält.

Zusätzlich zu den vier klassischen Zulassungsverfahren gibt es auf der Basis von Abschnitt 6 der Verordnung (EU) 2019/6, (Artikel 23-27), die Möglichkeit die Zulassung für begrenzte Märkte und unter außergewöhnlichen Umständen zu nutzen. Für diese beiden besonderen Zulassungsverfahren müssen bestimmte Bedingungen erfüllen sein und es ist dann erlaubt, nur Teile des Zulassungsdossiers vorzulegen. Allerdings sind die dann erteilten Zulassungen auch nur für eine begrenzte Zeit gültig, nämlich fünf Jahre beziehungsweise ein Jahr lang, wogegen normale Zulassungen unbefristet gelten. 

Es gibt auch die Möglichkeit, diese besonderen Verfahren jederzeit durch die nachträgliche Vorlage eines kompletten Zulassungsdossiers zu ergänzen und dadurch in eine reguläre zentrale Zulassung umzuwandeln.

Es ist zu beachten, dass vor dem Zulassungsverfahren für ein Tierarzneimittel zur Anwendung bei lebensmittelliefernden Tieren, geprüft werden muss, ob darin enthaltene pharmakologisch wirksame Substanzen schon ein Rückstandshöchstmengenverfahren durchlaufen haben. Dieses wird auch als MRL-Verfahren (= Maximum Residue Limits ) bezeichnet und führt zur Klassifizierung der Substanzen in vier Kategorien, welche im Annex der Verordnung EU/ 37/ 2010 veröffentlicht sind. Der Antrag für ein MRL-Verfahren muss bei der EMA gestellt werden und wird vom CVMP bearbeitet.

Änderungen der Zulassung machen zahlenmäßig einen großen Teil der Verfahren in der Post- Marketing Phase aus. Wenn die Änderungsanzeigen europäische Zulassungsverfahren betreffen, werden sie auch als Variations bezeichnet.

Die gesetzliche Basis für Änderungsanzeigen bildet seit 2022 die Tierarzneimittelverordnung (EU) 2019/6. Das Tierarzneimittelgesetz (TAMG) regelt zusätzlich auf nationaler Ebene besondere Änderungen zu Registrierungen von Homöopathika und pflanzlichen Tierarzneimitteln und zu Parallelimporten und Standardzulassungen. Außerdem sind Änderungen des Zulassungsinhabers, des Mitvertreibers, seines örtlichen Vertreters oder der Verkaufsabgrenzung anzuzeigen.

Die Verordnung (EU) 2019/16 unterscheidet zwischen „Änderungen die keine Bewertung erfordern“ und „Änderungen die eine Bewertung erfordern“.

Außerdem besteht die Möglichkeit: nach Artikel 64 der Verordnung mehrere Änderungen in einem Antrag zusammenzufassen, das sogenannte „Grouping”.

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf!

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Es werden ebenfalls Seminare und Webinare bei Colloquium Pharmaceuticum zu diesen Themen angeboten.